Folk

Jade Jackson im Privatclub

Schallplatten, Schmerzmittel: Jade Jackson aus Kalifornien punktet mit kraftvoller Stimme und klugen Texten

Jade Jackson

Heutzutage gibt es ja eigentlich nur noch zwei Schulen der Kindererziehung: Die einen stellen den Blagen die Glotze an, werfen eine Tüte Chips ins Kinderzimmer und warten darauf, dass Darwin seine Arbeit macht. Die anderen isolieren ihre Kinder von allen Massenmedien – kein Fernsehen, kein Internet, keine Multiplayer-Videospiele – und hoffen, dass aus Langeweile Kreativität wird. Bei Jade Jackson hatte die zweite Methode Erfolg. „Wenn mir langweilig war, habe ich mir die Schallplatten meines Vaters angehört oder mich selber ans Klavier gesetzt.“ Und da Vater eine Vorliebe für Hank Williams und die Smiths hatte, erklärt sich Melancholie in den Songs der Tochter von selbst.

Im Alter von 17 Jahren hatte sie bereits 300 Songs geschrieben. Was soll man als Jugendliche auch sonst machen, wenn man in Santa Margarita groß wird, einer Kleinstadt zwischen L.A. und San Francisco mit 1.300 Einwohnern? Doch auch wenn ein Kind vor der Welt beschützt wird, vor dem Leben kann man es nicht absichern. Mit 20 Jahren hatte Jade Jackson einen Kletterunfall, bei dem sie sich den Rücken verletzte. Von den Schmerzmitteln wurde sie süchtig, ein Entzug in Eigenregie führte zu Panikanfällen, einer Depression und Essstörung. Erst die langsame Heilung des Rückens und eine Therapie brachten Jackson wieder ins Gleichgewicht.

Man kann schon erkennen, welche Musik Jade in dieser Zeit gehört hat: Lucinda Williams, Tom Petty, Springsteen, Gun Club, Bonnie Raitt. Und vielleicht hat ja auch Mike Ness geholfen, der Frontmann der Punkband Social Distortion und Schulfreund von Jackson Mutter. Der produzierte ihr erstes Album „Gilded“, das im Jahr 2017 viel beachtet wurde – und empfahl der sensiblen jungen Frau Country-, Folk- und eben auch Punkrock-Anklänge. Der Schlüssel aber lag in Jackson selber, ihrer kraftvollen Stimme und ihren klugen Texten.

Wer jetzt böswillig ist, könnte behaupten, das zweite Album „Wilderness“ wäre „more of the same“, doch dabei würde man Jacksons persönliche Weiterentwicklung nicht beachten. Sie experimentiert selbstbewusst mit weiteren Stilen und entwickelt eine bildliche Sprache, die noch viel mehr ist als eine weibliche Sicht auf die Dinge. Das ist pure Poesie, zumal die 27-Jährige inzwischen vier Jahre Live-Erfahrung gesammelt hat.Lutz Göllner

Privatclub Skalitzer Str. 85, Kreuzberg, Di 24.9., 20 Uhr, VVK 18,45 €

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