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Jane Austens Kupplerin „Emma“ im Kino

Wenn du nicht weißt, wen du heiraten sollst, frag Emma

Die wenigen Romane der Schriftstellerin Jane Austen (1775–1817) sind ausgesprochene Klassiker der britischen Literatur und werden dementsprechend immer wieder gerne verfilmt. Dabei kreisen Austens literarische Texte um nur ein einziges Thema: die Heirat, mit der sich die jungen Damen des niederen Landadels und des Bürgertums seinerzeit ihre materielle Versorgung sicherten.

Einerseits bediente Austen damit eine zeitgenössisch populäre literarische Gattung, andererseits spiegelte das Heiratsmotiv die Realität aber auch recht gut wider: Anfang des 19. Jahrhunderts gab es für Frauen generell nicht allzu viele Möglichkeiten, sich selbstständig und selbstbestimmt ein eigenes Leben aufzubauen.

Der Mann, das unbekannte Wesen: Anna Taylor-Joy in der Titelrolle von „Emma“.
Foto: Focus Features

Der genaue und stets ironische Blick, mit dem Austen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse blickte und dabei all die emotionalen und sozialen Verwicklungen schilderte, die eine Suche nach einer geeigneten Partie mit sich brachte, machen ihre Romane bis heute populär.

„Emma“ (1816), jetzt von der US-amerikanischen Regisseurin Autumn de Wilde neu verfilmt, gehört zu Jane Austens Spätwerken und besitzt mit der gleichnamigen Hauptfigur erstmals eine Heldin, die es selbst gar nicht nötig hat zu heiraten: Die 21-jährige Emma Woodhouse (Anna Taylor-Joy) bewohnt mit ihrem Vater (Bill Nighy) einen Landsitz in einem Dorf südwestlich von London und verfügt über genügend finanzielle Mittel, um unabhängig zu sein.

Doch Emma verkuppelt gern andere Menschen, oder besser gesagt: Ausgerechnet die vollkommen unerfahrene junge Frau bildet sich ein, eine gute Ratgeberin in Heiratsfragen zu sein. Dass sie dabei in allen Fällen ihres Umfelds katastrophal falsch liegt und sich in ihren Ratschlägen von den Vorurteilen und der Überheblichkeit des eigenen Standes hat leiten lassen, erkennt sie erst spät.

So hat Emma etwa ihrer armen Bekannten Harriet Smith (Mia Goth) davon abgeraten, den Antrag des Landpächters Robert Martin anzunehmen, weil angeblich der – besser gestellte – Pfarrer Mr. Elton in sie verliebt sei. Nur, um schließlich entsetzt festzustellen, dass Elton tatsächlich immer nur ihr selbst den Hof gemacht hat. Doch Emmas Prognosen bessern sich nicht: Nun glaubt sie Harriet sei in Frank Churchill verliebt, den zuvor lange abwesenden Sohn einer befreundeten Familie, doch der hat sich schon vor Monaten heimlich – Skandal! – mit einer anderen verlobt. Und Harriet liebt in Wirklichkeit Emmas Nachbarn Mr. Knightley (Johnny Fairfax), von dem der Austen-erfahrene Zuschauer längst erkannt hat, dass er der perfekte Partner für Emma selbst wäre – unter anderem, weil er der einzige ist, der ihr ordentlich Paroli gibt. Aber natürlich ist es noch nicht zu spät: Am Ende bekommt hier jede*r doch noch den Partner oder die Partnerin, den/die man sich auch verdient hat.

Austen-Verfilmungen sind im Wesentlichen Kostüm- und Dialogkomödien, und es gelingt de Wilde – unter tätiger Mithilfe ihrer exzellenten Hauptdarstellerin und des stets amüsanten Bill Nighy –, die Ironie der Romanvorlage in eine vergnügliche und gar nicht gestrige Gesellschaftssatire mit bissigen Dialogen zu übersetzen. Und im Übrigen teilt sich der soziale Stand und das „Wer-mit-wem“-Wissen dann auch gern einmal bei den Tänzen auf einem Ball oder durch die Sitzordnung in der Kirche mit. Man muss die Zeichen nur richtig zu lesen wissen. Lars Penning

Emma GB 2020, 125 Min., R: Autum de Wilde, D: Anna Taylor-Joy, Johnny Flynn, Bill Nighy, Mia Goth, Start: 5.3.

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