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Sommer in Berlin

Joggen in Berlin: Welcher Lauftyp seid ihr? – Neue Edition „Sommer in Berlin“

Joggen ist längst zu einem Volkssport geworden, auch in Berlin: Wer in den Parks, den Wäldern und an den Gewässern der Hauptstadt unterwegs ist, wird auf die verschiedensten Lauftypen treffen. Der Versuch einer Spezifizierung aus unserer brandneuen Edition „Sommer in Berlin“, die ihr ab sofort im Einzelhandel eures Vertrauens kaufen könnt. Und welcher Lauftyp seid ihr?

Joggen in Berlin? Diesen Läufertypen können sie begegnen
Joggen in Berlin: Bist du Modeopfer oder Asket? Traurige Gestalt oder Hundehalter? Illustration: Tobias Meyer

Die traurige Gestalt 

Nach acht Jahren auf einem Bürostuhl war der Rücken abends immer ganz schön verspannt. Alle Masse trat eine Reise zum Mittelpunkt des Körpers an und bildete dort eine Wampe. Der Arzt hat gesagt: „Treiben sie doch mal Sport.“ Vielleicht war es auch der Partner oder die Partnerin oder ein Elternteil, auf jeden Fall ist der traurigen Gestalt total klar, dass dieser Appell Sinn ergibt.

Zum Glück hat sie ganz hinten im Schrank die entsprechende Bekleidung gefunden. Die Adidas-Jacke, die sie früher bei Virginia-Jetzt!-Konzerten trug, und eine graue Jogging-Hose begleiten die traurige Gestalt jetzt also in den Park, wo sie wie ein alter D-Zug über die Wege schnauft: laut, brutal, nicht unbedingt elegant, aber durchaus kraftvoll. Aber: Spätestens, wenn sie das erste Modeopfer überholt hat, merkt sie: Macht ja Spaß!

Das Modeopfer

Das Modeopfer weiß: Rein theoretisch könnte es zum Asketen werden. Hätte es nur die richtige Gear! Mit dem Laufen ist es nämlich wie mit dem Saufen, man muss erstmal eine vernünftige Grundlage schaffen. Zuhause wird dann gesichtet, mit etwas Glück ausgewählt, mit noch mehr Glück losgelaufen. Renn-Tights mit Performancebund, Moisture Transport System und Anti-Odor-Technologie! Ein Top aus einer bei der Mars-Expedition getesteten Carbonfaser! Schuhe, in denen auch das deutsche Leichtathletik-Team trainiert! Und natürlich eine Smart Watch, die alle Informationen direkt in die Cloud überträgt. Zuhause stellt das Modeopfer dann fest, dass es 2,8 Kilometer gelaufen ist und dabei 240 Kalorien verbraucht hat. So wenig? Komisch. Der Lösungsansatz: Schnell mit dem DriveNow zum Elektro-Markt, Sport-Kopfhörer kaufen.

Der Asket

Er – oder wahlweise: sie – ist es, zu dem alle aufschauen. Gleichzeitig ist er der, vor dem alle ein bisschen Angst haben, denn eines ist klar: Der Asket ist besser als der Rest. Schneller, eleganter im Bewegungsablauf und auch gesünder: Am Asketen hängt kein Gramm Fett, alles ist Sehne und Muskel, eher knapp verpackt in ein Tanktop und kurze Sportlershorts.

Bisweilen erinnert er an ein Exponat aus Gunther von Hagens’ „Körperwelten“-Ausstellung. Ganz wichtig: Der Asket grüßt, zumindest seinesgleichen. Es ist ein knappes Nicken, denn Reden ist nicht seine Sache. Die tägliche Trainingsrunde beträgt 22 Kilometer. Manchmal gerät er aber in einen Flow, der ihn bis weit hinter Bernau trägt. Im Vergleich zu den 162 Kilometern beim Ultramarathon auf La Reunion, den er im letzten Sommer als Zweiter beendete, ist das ein Klacks!

Der Rentner

Rentner sind ein Fremdkörper in dieser Liste, denn nicht immer joggen sie. Oft walken sie, gerne im Rudel. Wir wollen aber nicht übermäßig streng sein, denn mit ihrer Rotwangigkeit, ihrem Elan und dem freundlichen Geplauder – da sind sie das Gegenteil vom Asketen – erweisen sie sich als Gewinn für jedes Laufgebiet.

Flott ziehen sie ihre Runden durch den Park, den traurigen Gestalten und dem Start-Up-Dude nicken sie aufmunternd zu. Hasso bringen sie mit einem kurzen Pfiff zur Raison, und wenn ein großer Vogel am Wegesrand steht, wissen sie ihn immer zu benennen. Oft sehen sie aus wie das Paar aus der „Doppelherz“-Werbung, manchmal auch wie Rosi Mittermaier und Christian Neureuther. Schwarmartig verlassen alle Rentner gegen 17 Uhr die Szenerie – die Enkelkinder kommen zum Abendessen, es gibt Geschnetzeltes.

Der Hundehalter

Mit dem Haufen da hat sein Hasso nichts zu tun. Er habe, so sagt der Hundehalter, immer Beutel dabei, und greift zum Beweis an die Taschen seiner Lauf-Tights. Die hat keine Taschen, ups. Egal. Der Hasso, eine Dänische Dogge, hechelt, der Hundehalter lächelt, singt ein liebes „bis bald“ und läuft weiter, wobei das mit dem Laufen so eine Sache ist.

Denn der Hasso läuft auch, und sein Rhythmus ist ein anderer. Er folgt dem Duft der Artgenossen und Feldhasen. Der Hundehalter muss sein Tempo auf das vom Hasso abstimmen. Mal steht er vier Minuten vor einem Erdloch. Und dann muss er schneller rennen als Usain Bolt, weil Hasso eines der Schafe reißen will, die im Sommer auf der Schlosswiese grasen. Vielleicht, so denkt der Hundehalter nach jeder Laufeinheit, kaufe ich mir, wenn der Hasso nicht mehr ist, wieder eine Katze.

Der Startup-Dude 

Der Startup-Dude hat im letzten Jahr echt zu wenig Achtsamkeit bewiesen. Lange Arbeitstage, abends noch ein Bier auf dem Rooftop vom Soho House, im Winter nach Thailand, im Frühling nach Tel Aviv, im Herbst kurz bisschen Consulting für den Friend, der in Brooklyn als CEO bei einer veganen Knödelfirma angefangen hat: Das war too much. Deshalb: Bisschen Kanye West auf die Headphones und einfach mal loslaufen.

Ein Einblick in die Gedankenwelt des Startup-Dudes: „Work hard, play hard! Ah, frische Luft, gut. Aus was besteht Luft eigentlich? Könnte man einen Podcast drüber machen. Mal pitchen! Joggen. Ist irgendwas geiler? I doubt it! Mhh, da ist ein Schlagloch, sollte man melden. Gibt es da eine App? Mal pitchen.“ Dann klingelt das iPhone, der Startup-Dude muss nach München, er hat über Nacht ein soziales Netzwerk gekauft.


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