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Bildhauerin

Karin Sander stellt im umgebauten Haus am Waldsee aus

Wechselwirkungen: Bildhauerin Karin Sander zeigt im umgebauten Haus am Waldsee, wie Innen und Außen zusammenfinden können. Und dass die reale Welt der digitalen durchaus noch voraus sein kann

Foto: Roman März

Eine Retrospektive über den Ausstellungsort an sich – das ist die Ausstellung „A – Z“ von Karin Sander im Haus am Waldsee im Süden Berlins auch geworden. Bei der Neueröffnung des Ortes für internationale Kunst nach Umbau mit Sanierung und Renovierung fallen sofort die unterschiedlich großen, viereckigen Leinwände an der Fassade der fast 100 Jahre alten Villa auf. Im Gespräch vor Ort erklärt die Bildhauerin, dass sie diese schon im September 2017, kurz nachdem das Haus am Waldsee für den Umbau geschlossen wurde, an die Außenwände bringen ließ.

In Natura kann man auf den weißen Leinwänden die Spuren vom Wind und Wetter der letzten Monate erkennen. Umwelt, Tiere, der Regen oder Sand hinterließen während des Umbaus Linien aus Dreck oder getrocknete Feuchtigkeit. So macht Sander die Zeit und Einwirkungen auf das Haus von außen sichtbar. Betritt man die Ausstellungsräume, findet man die passenden Titel dieser „Gebrauchsbilder“ an den Wänden. Neben dem Bad in der untersten Etage liest man zum Beispiel Keller/Basement und darunter die Maße 50 x 40 cm. Dem Speisezimmer/Dining Room wurden größere Flächen, über ein Meter Höhe und Breite, zugeteilt. Weil die passenden Leinwände dazu aber an der Außenfassade hängen, lenkt Sander den Blick innen auf die frisch renovierten Räume und erinnert an den Wandel des Ortes.

Überhaupt erinnert einen die Ausstellung daran, dass auch Architektur, die oft als stetig wahrgenommen wird, sich fortlaufend verändert. Denn Sander fokussiert die Kräfte und Komponenten, die permanent auf diese eigentlich statische Architektur einwirken. Auch die raumbenennenden Titel ihrer Werke suggerieren einen Wandel – denn wie Architektur unterteilt wird, sei es nun als Speise- oder Musikzimmer, bestimmt auch ihre Be- und Abnutzung. Das offensichtlichste Beispiel für Veränderung in der Ausstellung bleibt jedoch der Anbau an das Haus am Waldsee, der die Architektur von außen und innen grundlegend verändert.

Diese Komponente kommt besonders im per 3D-Drucker geschaffenen Architekturmodell zum Vorschein, welches das Kernstück der Innenraum-Ausstellung bildet. Im großen Ausstellungsraum im Erdgeschoss findet man das Modell in einer Skulptur, die auf Beckenhöhe das Haus am Waldsee darstellt. Die Vorlage kam im Dezember 2018 von Google Earth, und genau wie bei der App schaut man direkt von oben auf das Gelände des Hauses.

Die Skulpturen im Garten, die man darin erkennt, stehen heute nicht mehr dort und auch das Ausstellungshaus an sich sieht ohne den neuen Seitenflügel klein und niedlich aus. Die Pixel in der Auflösung lassen das Modell mit verwaschenen Farben wie eine Zuckerwatte-Welt erscheinen. So wirkt der Blick zurück auf die Zeit, in der Google das Satellitenbild machte, recht verträumt. Die Zeitsprünge, die Sanders so in Wechselbetrachtung des Außen und Innen vom Ausstellungsort kreiert, bekommen zusätzlich eine digitale Ebene. Vergangenes wird wieder aktuell. Es ist, als ob in der App die Zeit stehen geblieben ist. Denn online befindet sich das Haus am Waldsee noch heute im Zustand vor dem Umbau.

Haus am Waldsee Argentinische Allle 30, Zehlendorf, bis 3.3., Di–So 11–18 Uhr, 7/ erm. 5 €, hausamwaldsee.de

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