Horrorstudie

Keine Dämonen: „Der Goldene Handschuh“ im Kino


Der Schiefe – so wird Fritz Honka in Heinz Strunks Roman „Der goldene Handschuh“ genannt. Der Schiefe raucht wie ein Schlot und trinkt literweise Fako, Fanta-Korn, Verhältnis 1:1.

Foto: 2018 Bomberoint/ Warner Bros/ GordonTimpen

Der Schiefe hat nicht nur ein Problem mit dem Alkohol, er hat auch eins mit Frauen. Wenn einmal eine mit Honka mit nach Hause geht, in seine stinkende Dachwohnung, dann ist sie alt und hässlich und einsam. Dann gibt es Reste eines ­bürgerlichen Lebens (Mahlzeiten, Feierabend), auf Dauer ist das nicht. Dazu säuft Honka zu viel.

Das Buch von Heinz Strunk ist auf eine interessante Weise widersprüchlich: ein Versuch, eine Figur aus ihrer Welt heraus zu verstehen, für die es eigentlich kein Verständnis geben kann. Fatih Akin geht mit seiner Verfilmung den Problemen nicht aus dem Weg: „Der Goldene Handschuh“ ist für Kiezromantik nicht geeignet, will den Frauenmörder Honka aber auch nicht dämonisieren. Das gelingt, auch dank der schonungslosen Leistung von Jonas Dassler in der Hauptrolle, ganz gut.

Die zentrale Frage bleibt: Was ist das für eine Welt, die solche Ungeheuer hervorbringt? Honka ist eine historische Figur, der Roman von Heinz Strunk spielt mit einem chronikalen Tonfall. Fatih Akin verzichtet auf eine Deutung dieses komplizierten Abbildungsverhältnisses: Sein Film ist auf eine prekäre Weise gutes Ausstattungskino. Akin hält dem Buch zu sehr die Treue, und schafft es dadurch nicht, Honka zu einer Figur der deutschen Filmgeschichte zu machen. Es hätte da, von Lorre über Fassbinder bis Karmakar, interessante Bezugspunkte gegeben. Doch in seiner professionellen Naivität fällt Akin hinter das Buch zurück, von dem im Grunde auch unklar ist, was es zu sagen hat.

Der goldene Handschuh D 2019, 115 Min., R: Fatih Akin, D: Jonas Dassler, Margarethe Tiesel, Katja Studt, Start: 21.2.

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