Das Leben einer Philosophielehrerin gerät in Alles was kommt ins Wanken

Wer behält nach der Trennung den Levinas? Und wer den Schopenhauer? Dass sind Fragen, vor denen wohl nur ein bourgeoises Intellektuellenpaar in einem französischen Film stehen kann. In Mia Hansen- Løves „Alles was kommt“ sind dies Heinz und vor allem Nathalie (Isabelle Huppert), eine Philosophielehrerin. Sie hat ihr Leben im Griff: Job, Mann, zwei Kinder, die greise Mutter, Publikationen: Alles meistert sie. Bis alles verfällt: Ihr Mann verlässt sie (natürlich für eine jüngere), die Mutter stirbt, ihr Verlag will sich modernisieren. Wenig zeitgemäß scheint Nathalie mit ihren Wertvorstellungen, mit ihrer (Lebens)-Philosophie, wie ihr auch ein Protegé, der junge Autor Fabien, durch die Blume vorhält. Der lebt mit Freunden auf dem Land, geriert sich als Revolutionär und wundert sich über das bourgeoise Leben Nathalies.
Wie in kurzer Zeit deren Gewissheiten zerbrechen, das beobachtet Hansen-Løve mit großer Präzision. Wie in „Un Amour Jeunesse“ oder „Eden“ fügen sich die Dinge des Lebens irgendwann nahtlos ineinander, entwickelt Hansen-Løve einen Sog, der reich an Bedeutung und Subtexten ist. Am Ende bekommt Heinz den Schopenhauer, Nathalie hat sich von ihren Altlasten gelöst. Ein neues Leben beginnt zwar nicht, dass wäre zu banal, das eine geht weiter und ist schwierig genug zu meistern.
L’avenir (OT) F/D 2016, 98 Min., R: Mia Hansen-Løve, D: Isabelle Huppert, André Marcon, Start: 18.8.