Weite Wüstenlandschaften, Staub und Steppe, einsam in den Himmel ragende Felsmassive, riesige Viehherden. Ein paar tapfere weiße Männer und Frauen. Und Aborigines, denen das Land in gewisser Weise noch immer mehr gehört, weil sie es besser verstehen.
Die Geschichte von „Australia“ beginnt im Jahr 1939 und handelt von Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman), die von England in den Norden Australiens reist, um ihre dortige Rinderfarm zu retten – ein Unterfangen, bei dem sie bald die Unterstützung des rauen Viehtreibers Drover (Hugh Jackman) und des Halb-Aborigines-Jungen Nullah (Brandon Walters) bekommt. „Australia“ ist mit fast drei Stunden Länge ein Monstrum, aber dafür kriegt man auch gleich mehrere Filme in einem: eine zunächst fast schrille Komödie über eine verhätschelte englische Lady im wilden Outback Australiens, die dann relativ bald zu einer romantischen Liebesgeschichte vor großer Kulisse mutiert und schließlich zur Halbzeit in ein Kriegsdrama mündet. Durch alles hindurch zieht sich das Thema der Beziehungen zwischen Aborigines und Kolonisatoren.
Baz Luhrmann versucht sich mit „Australia“ am groß angelegten Nationalepos – ein radikaler Genre-Wechsel nach seinem romantischen Tanzfilm „Strictly Ballroom“ (1992), der Shakespeare-Adaption „Romeo + Juliet“ (1996) und dem Musical „Moulin Rouge!“ (2001). Unverändert geblieben ist allerdings Luhrmanns unverhohlene Vorliebe für gepflegten und ironischen Kitsch. Auch in „Australia“ ist fast jedes Bild künstlich überhöht, hat unsagbar satte Farben, weiche Linien und buntkitschige Horizonte.
Sympathischerweise scheint sich dieses Nationalepos also nicht ganz ernst zu nehmen. Zeitgemäß ist auch, dass es nicht einen rein westlichen Blickwinkel wählt. Der Film ist vielmehr zu großen Teilen aus der Perspektive des Jungen Nullah erzählt; und er zeigt nicht nur mit ungewöhnlichem Nachdruck den ekelhaften Rassismus des weißen Australiens der 40er Jahre, sondern auch umgekehrt immer wieder positiv die aboriginalen Kulturtraditionen, das praktische und magische Wissen, welches das Land schon länger prägt als die weißen Farmen. Wenn es in der Postmoderne noch Nationalepen geben kann, dann solche.
Text: Catherine Newmark
Lesen Sie hier ein Interview mit „Australia“-Regisseur Baz Luhrmann.
TIP-Bewertung: Sehenswert
Australia, Australien/USA 2008; Regie: Baz Luhrmann; Darsteller: Nicole Kidman (Lady Sarah Ashley), Hugh Jackman (Drover), Brandon Walters (Nullah); Farbe, 166 Minuten
Kinostart: 25. Dezember 2008