Berlinale 2020

Wettbewerb: Rezension von Philippe Garrels „Le sel des larmes“

„Ich bin vom Land.“, verkündet Luc (Logann Antuofermo) während seiner ersten Begegnung mit Djemila (Oulaya Amamra). Auf der anderen Seite der Bushaltestelle hatte sie gestanden, fast wäre Luc wieder aus Paris raus statt rein gefahren.

© RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Damit wäre zumindest Djemila einiges erspart geblieben. Denn Luc, der sich ohne Selbstzweifel an die junge Frau hängt, entpuppt sich als nicht gerade feinsinnig, auch wenn Djemila ihm einmal attestiert, ein „Sanfter“ zu sein. Und vielleicht stimmt es. Vielleicht ist dieser Luc, den der französische Regisseur Philippe Garrel in seinem Wettbewerbsbeitrag „Le sel des larmes“ zeigt, einfach besonders sanft. Eine Sanftheit, die er jedoch höchstens für sich selbst aufbringt. Denn in Sachen Frauen macht Luc gern und schnell die Biege. Sei es bei Djemila. Oder seiner Schulfreundin Geneviève (Louise Chevillotte), die ein Kind von ihm erwartet, und der er entgegenschlägt, dass sie ihm dies nicht antun könne. Keine der beiden Frauen sei Luc „ebenbürtig“ gewesen, behauptet indes die Erzählstimme, die väterlich über den schwarzweißen Aufnahmen Renato Bertas liegt.

Abermals manövriert sich Garrel in seinem Film in ein kleines Liebesgestrüpp, das sich auf den Kopfsteinpflastern von Paris, in seinen Cafés und engen Wohnungen abspielt. Luc ist hier, weil er Kunsttischler werden möchte, sein alter Vater (Andre Wilms) schickt dafür getrocknetes Fleisch und Zigaretten in die Stadt. Dass sich der wenig moderne Luc in „Le sel des larmes“ später allerdings in einem amourösen Dreieck wiederfindet, gemeinsam mit Betsy (Souheila Yacoub) und deren Kollegen Pablo (Martin Mesnier), sorgt für interessante Zwischentöne. Philippe Garrel selbst behauptet, er würde keine moralischen Maßstäbe an seine Filme anlegen und dass Kunst zudem in der Lage sei, Grenzen zu überschreiten. Tatsächlich stößt Luc in der Welt, die sich mit Betsy um ihn herum mehr und mehr erschafft, an seine Grenzen. Grenzen, die ihn dann tatsächlich weich machen. Und eifersüchtig. Wie einer der Stühle, die Luc zu fertigen lernt, steht er in einer Werkstatt namens Paris und lässt an sich hobeln. Ob ein feines Möbelstück dabei herauskommt, bleibt offen. Carolin Weidner

Termine: Le sel des larmes bei der Berlinale


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