Berlinale 2020

Wettbewerb: Rezension von Eliza Hittmans „Never Rarely Sometimes Always“

„Slow West“ hieß der ungewöhnliche Western eines schottischen Regisseurs, der vor ein paar Jahren in den deutschen Kinos lief. An diesen Titel musste ich im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb nicht nur während Kelly Reichardts Neo-Western First Cow denken, sondern auch bei dem neuen Film von Eliza Hittman

© 2019 Courtesy of Focus Features

‚Slow Moves‘ wäre ein passender Titel für die beiden neuen Filme gewesen (wenn auch bei weitem nicht so schön wie die tatsächlichen Titel). Langsamkeit bedeutet hier die ruhige Beobachtung, die beiden Filmen etwas nüchtern-dokumentarisches verleiht. Dabei ist die Geschichte von „Never Rarely Sometimes Always“ mit großen Emotionen besetzt. Denn die 17jährige Autumn muss feststellen, dass sie schwanger ist. Was im kleinstädtischen Amerika unter dem jetzigen Präsidenten in immer mehr Bundesstaaten ein Problem ist, wenn die Frau das Baby nicht bekommen will. In einer örtlichen Beratungsstelle – betrieben von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen – wird der Schwangerschaftstest mit Hilfsmitteln aus dem Supermarkt durchgeführt. Entsprechend ungenau ist das Resultat.

Das aber erfährt Autumn erst in New York, wohin sie mit ihrer Cousine Skylar aufbricht, um das Problem endgültig in den Griff zu bekommen – denn in Pennsylvania dürfte sie die Abtreibung nur mit Genehmigung ihrer Eltern durchführen. Wie die beiden jungen Frauen sich mit ihrem Rollkoffer durch fremdes Territorium bewegen, das nimmt manchmal schon absurde Züge an. Was ein Ein-Tages-Trip sein sollte, wird zu zwei langen Tagen und Nächten in der Fremde, für die die Zwei gar nicht das Geld dabei haben. Was leicht ein Themen-Film hätte werden können, erweist sich in der Inszenierung von Eliza Hittman („Beach Rats“) als sensibles Porträt, äußerst ökonomisch erzählt und mit zwei überzeugenden Hauptdarstellerinnen (von denen die ‚Autumn‘-Darstellerin Sidney Flanigan hier zum ersten Mal vor der Kamera steht), ein großer Film der kleinen Gesten – besonders der ‚pinkie‘ kurz vor Schluss bleibt im Gedächtnis. Frank Arnold


Termine: Never Rarely Sometimes Always bei der Berlinale

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