Jahreszahlen und Kalenderereignisse bestimmen die Geschichte des brasilianischen Films „Todos os Mortos“ (Alle die Toten). 1888 wurde die Sklaverei abgeschafft, seit 1891 ist Brasilien eine Republik. Auf Weihnachten folgt Neujahr, und dann der Karneval

Bei der Familie Soares, eine Mutter und zwei Schwestern in Sao Paolo, erinnern sich alle noch an die Zeit auf dem Land, als die Ordnung der Ausbeutung fest etabliert war. Nun aber leben die privilegierten weißen Frauen mit ihren Bediensteten in einem schwierigen sozialen Gleichgewicht. Ana bringt dem kleinen Joao das Klavierspiel bei, dessen Mutter aber fürchtet, der Junge könnte seine Herkunft aus einer armen Familie von Schwarzen vergessen. Die Rituale der afrikanischen Religion stoßen auf die Gewohnheiten der privilegierten Weißen. Caetano Gotardo und Marco Dutra haben mit „Todos os Mortos“ ein historisches Panorama der brasilianischen Geschichte und Gesellschaft entworfen, das eher mit Details als mit großen Schwenks arbeitet. Auch das Spiel der Figuren ist eher zurückgenommen als expressiv.
Bis auf den kleinen Joao ist das vorwiegend eine Geschichte der Frauen, die unter sich ausmachen müssen, wie es mit der Familie und mit der Nation weitergeht. Die Epochen gehen ineinander über, und symbolische Formen wie der Karneval oder das Kammerspiel werden Teil der künstlerischen Strategien der Regisseure. Ein Film zum Mitdenken, in dem sich die ganze Komplexität der brasilianischen Kolonialerfahrungen und Staatswerdung allmählich vermittelt. Bert Rebhandl


Termine: Todos os Mortos bei der Berlinale
Weitere Rezensionen zum Berlinale-Wettbewerb:
Wettbewerb: Rezension von „El prófugo“ von Natalia Meta
Wettbewerb: Rezension von Giorgio Dirittis „Hidden Away“ („Volevo Nascondermi“)
Wettbewerb: Rezension von Kelly Reicharts „First Cow“
Wettbewerb: Rezension von Philippe Garrels „Le sel des larmes“
Wettbewerb: Rezension von Christian Petzolds „Undine“
Mehr zur Berlinale 2020
Die wichtigsten Infos zu den 70. Internationalen Filmfestspielen Berlin
Christian Petzold ist dabei! Ein Kommentar zum Berlinale Wettbewerb
Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian sind die neuen Chefs der Berlinale
Gut essen & trinken während der Berlinale
Die wichtigsten Veranstaltungen und Locations der Berlinale 2020
Die Goldenen Bären 2010 bis 2019
Diese Filme laufen im Wettbewerb der Berlinale 2020
Jonas Dassler ist Shooting Star der Berlinale 2020
Alfred Bauer, der Nationalsozialismus und die Berlinale. Ein Kommentar von Bert Rebhandl
Ticker zur Berlinale – Alle News, Stars und Stories zu den Filmfestspielen
Berlinale-Tickets: Alle Informationen zum Vorverkauf
Braucht die Welt eine Revolution? Fünf Berlinale-Filme zu einer Streitfrage der Gegenwart
Gespräch mit den neuen Berlinale-Chefs Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian
Afrika bei der Berlinale: Zehn Filme, die sich mit dem Kontinent auseinandersetzen
Hat der Planet noch eine Chance? Fünf Berlinale-Filme zum Thema, Klima, Umweltschutz und Natur
Ist die Zukunft des Kinos weiblich? Zehn spannende Regisseurinnen bei der Berlinale
High Heels auf Fischernetzen – Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei der Berlinale
Wie steht es um den deutschen Film? Die zehn wichtigsten Produktionen aus Deutschland
Wann beginnt die Gegenwart? Fünf große filmhistorische Momente auf der 70. Berlinale
Der Goldene Ehrenbär geht 2020 an Dame Helen Mirren
„Generation 14plus“ nimmt junge Zuschauer ernst
Die „Retrospektive“ würdigt den Hollywood-Regisseur King Vidor
Der hiesige Regie-Nachwuchs in der „Perspektive Deutsches Kino“ schaut auf Horror und Heimat
50 Jahre „Forum“ – Das Jubiläumsprogramm 2020
Die Wettbewerbs-Sektion „Encounters“ wendet sich besonders wagemutigen Produktionen zu
Dank der Pionierarbeit der Sektion „Panorama“ ist die Berlinale ganz schön queer
Sigourney Weaver spielt die Hauptrolle im Berlinale-Eröffnungsfilm „My Salinger Year“
Eine Begegnung mit Christian Petzold aus Anlass seines neuen Films „Undine“, der im Berlinale-Wettbewerb läuft
Berlin Alexanderplatz: Welket Bungué und Jella Haase im Gespräch