Berlinale 2022

„A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“: Sophie Rois ganz groß

Wenn man es ein wenig zuspitzt, dann ist die 72. Berlinale im wesentlichen ein verlängertes Wochenende, mit den beiden deutschen Beiträgen zum Wettbewerb als Höhepunkt. Den Termin am Sonntag bekam Nicolette Krebitz: „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ heißt ihr Film. Sophie Roise spielt darin eine Schauspielerin, die sich in einen sehr viel jüngeren Mann verliebt. tipBerlin-Kritiker Michael Meyns hat spannende Bezüge zum französischen Kino erkannt und ist sehr angetan.


„A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ von Nicolette Krebitz. Foto: Komplizen Film

Ein Spiel mit den Klischees des Kinos: „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ von Nicolette Krebitz

Anna heißt sie, Beruf: Schauspielerin. Gespielt wird sie von Sophie Rois, Beruf: Schauspielerin. Autorin und Regisseurin von „A E I O U – Das Alphabet der Liebe“ ist Nicolette Krebitz, die einst als Schauspielerin bekannt wurde und nun mit ihrem vierten Spielfilm im Wettbewerb der Berlinale angekommen ist. Endlich, muss man sagen, denn ihr vorangegangener Film „Wild“ war damals vom Festival abgelehnt worden. Von der seltsamen Beziehung zwischen einer Frau und einem Wolf erzählte Krebitz dort, in ihrem neuen Film geht es wieder um eine ungewöhnliche Liebe, die zwischen einem sehr jungen Mann und einer Frau, die nicht zuletzt, vielleicht aber auch vor allem Schauspielerin ist.

Am Abend, nach einem schlimmen Tag im Synchronstudio, wo sie von ihrem Sprechpartner belästigt wurde, wird Anna vor der Paris Bar die Handtasche gestohlen. Der Dieb heißt Adrian (Milan Herms), ist Schüler und hat einen Sprachfehler, er nuschelt. Der Zufall, beziehungsweise die zentrale Idee des Films, will es, dass Anna bald Sprachtrainerin von Adrian wird, um ihn auf ein Stück im Schultheater vorzubereiten. Was nun kommt ist klar, dass sich Lehrerin und Schüler verlieben werden ist dem Plot eingeschrieben, und so kommt es auch.

Ohnehin kommt eigentlich alles so, wie man es erwarten würde, denn Nicolette Krebitz spielt mit klassischen, um nicht zu sagen klischeehaften Motiven des Kinos. Vor allem aber der Illusion des Kinos, die der Illusion der Liebe oder vielmehr des Verliebtseins vergleichbar ist. Als Anna und Adrian das erste und einzige Mal miteinander schlafen, passenderweise nicht in Berlin, wo der Film beginnt, sondern an der Côte d’Azur, am heiligsten Ort des Kinos, wo er seinen Höhepunkt findet, sagt Annas Stimme wie in einem Kommentar: „Sie konnten nicht mehr voneinander lassen, sie waren außer Atem“. Das bezieht sich damit natürlich auch auf den gleichnamigen Film von Godard.

Den Pfeil des Cupido muss man sich dazu denken: Sophie Rois und Milan Herms. Foto: Komplizen Film

Wie die Schauspielerin Anna sich der Illusion hingibt, sich in den viel jüngeren Adrian verlieben zu können, einem halbstarken Teenager – der in seiner Attitüde dem jungen Belmondo ähnelt, zumindest wenn man den Godard-Bezug weiterdenken mag –, davon erzählt Krebitz. Im Ansatz mag das weniger radikal sein, als es „Wild“ war, stilistisch klassischer, aber auch klarer in der Haltung und den Assoziationen, die angeboten werden. Und dann ist da noch die großartige Sophie Rois, die praktisch ungeschminkt wirkt, sich so zeigt, wie sie ist. In Zeiten des anhaltenden Jugendwahns, der retuschierten und manipulierten Insta-Fotos natürlich auch die ganz bewusste Setzung eines Films, der seine vielschichtigen Ebenen ganz beiläufig offenbart.


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