Berlinale 2022

Puppentrickfilm „Everything Will Be Ok“: Von Menschen und Tieren

Der vermutlich ungewöhnlichste Film im Wettbewerb der 72. Berlinale stammt von einem Kinokünstler aus Kambodscha: Rithy Panh erzählt in „Everything Will Be Ok“ mit Modellfiguren eine Geschichte von einem radikal veränderten Verhältnis zwischen Menschen und Tieren. tipBerlin-Filmkritiker Bert Rebhandl war beeindruckt, aber auch ein bisschen ratlos.

„Everything Will Be Ok“ von Rithy Panh. Foto: CDP, Anupheap Production

Bilderflut: Rithy Panh zeigt in „Everything Will Be Ok“ eine Zivilisation der Tiere nach der Gewaltherrschaft der Menschen

„Wir sind seit je her eure Geschichte.“ Dieser starke Satz steht im Mittelpunkt des eigenwilligen, essayistischen Animationsfilms von Rithy Panh, einem Meisteregisseur und Kinointellektuellen aus Kambodscha. Wir, das sind die Tiere, in deren Schicksal sich die eigentliche Geschichte der Menschheit zeigt. In „Everything Will Be Ok“ sind die Tiere nach Art einfacher Tonfiguren oder Holzschnitzereien modelliert, es gibt alle möglichen Gattungen in sorgfältig gestalteten, künstlichen Landschaften.

In einem zentralen Bild sehen wir so etwas wie ein Kommandopult mit vielen Bildschirmen davor, da sehen dann Tiere den Menschen bei der Produktion von Inhalt für die sozialen Netzwerke zu. Hitler, Stalin, und was sonst noch die Geschichte einer in die Irre und ins Irre gehenden Menschheit geprägt hat, wird zu einer Bilderflut, mit der sich zum Beispiel Schweine beschäftigen. Eine künftige Herrschaft der Tiere, zu der sich Rithy Panh durch einen Klassiker wie „Animal Farm“ inspiriert gefühlt haben dürfte, ist aber weder besser noch „natürlicher“. Im Grunde setzt sich das Chaos und die Verehrung von Götzen bruchlos fort.

„Everything Will Be Ok“ von Rithy Panh. Foto: CDP, Anupheap Production

Allerdings muss man ein bisschen vorsichtig sein, denn „Everything Will Be Ok“ ist zwar stilistisch beeindruckend und überzeugt mit vielen unvergesslichen, traumähnlichen, oft unheimlichen Bildern, auf eine klare Botschaft wird man aber nicht leicht kommen. Als große Allegorie auf eine Zivilisation der Gewalt läuft der Film doch ein bisschen ins Ungefähre, daran ändert auch die Frauenstimme nichts, die kontinuierlich Weisheiten von sich gibt, aus denen aber immer nur für einen Moment etwas Erhellendes aufblitzt. „Everything Will Be Ok“ wirkt bei aller künstlerischen Gestaltungskraft wie ein intellektuelles Fragment. Ob mehrmaliges Anschauen größere Klarheit schafft, wird sich zeigen.


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