Berlinale 2022

Peter von Kant: François Ozons Fassbinder-Variation eröffnet Wettbewerb

„Peter von Kant“ heißt der Eröffnungsfilm der Berlinale 2022 – frei nach dem Stück „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“. Regisseur François Ozon variiert Rainer Werner Fassbinder. Das passt, hatte der Franzose doch sein Regiedebüt mit dem Spielfilm „Tropfen auf heiße Steine“ gegeben, dessen Vorlage wiederum ein weniger bekanntes Bühnenstück des deutschen Filmemachers und Dramatikers war (dieser Film hatte damals ebenfalls seine Premiere bei der Berlinale). Unser Autor Frank Arnold hat „Peter von Kant“ im Berlinale-Wettbewerb gesehen.

Denis Ménochet (r.) in „Peter von Kant“. François Ozons Fassbinder-Neuverfilmung eröffnet den Berlinale-Wettbewerb. Foto: C. Bethuel, FOZ

François Ozons „Peter von Kant“: Variation statt Remake

Eine Variation, kein Remake. Bei Fassbinder ging es um eine Modeschöpferin, die ihre langjährige Geliebte zugunsten einer jüngeren verstößt. Der Protagonist bei Ozon ist ein Mann, ein deutscher Filmregisseur, dessen massige Statur natürlich an Fassbinder erinnert. Er lebt zusammen mit seinem Diener Karl, der all seine Wünsche in Windeseile auszuführen hat, dabei aber doch mehr ist als ein Diener, wie man merkt, wenn er anfangs die Dialoge für von Kants nächsten Film neu schreiben soll. 

Kurz darauf bekommt Peter von Kant Besuch von einer berühmten Schauspielerin, Sidonie (Isabelle Adjani), die hier ihre Verabredung treffen will – einen jungen Mann namens Amir, der Arbeit sucht. Von Kant ist gleich von ihm angetan. Er lädt ihn ein, am Abend zurückzukommen. Am Abend entstehen Probeaufnahmen, und die beiden landen miteinander im Bett.

Neun Monate später füllt das Bild Amirs eine ganze Seite im Magazin „Stern“, daneben eine Lobeshymne auf von Kants Film – von dem man später ein Plakat sieht, er heißt „Tod ist heißer als Liebe“ (ein Wortspiel mit Fassbinders frühem Filmtitel „Liebe ist kälter als der Tod“). Ein Anruf von Amirs Frau führt dazu, dass dieser überstürzt zum Flughafen aufbricht und dem erzürnten von Kant entgegenhält, von Scheidung sei nie die Rede gewesen…

„Peter von Kant“: Berühmte Fassbinder-Schauspielerin im Ensemble

Später, zu von Kants 40. Geburtstag, versammelt sich ein kleine Runde, seine 16-jährige Tochter ist aus dem Internat in der Schweiz angereist, Sidonie kommt und auch seine Mutter (verkörpert von einer berühmten Fassbinder-Darstellerin, die Überraschung sollte man sich gönnen, wenn man es nicht schon weiß). Aber das Geburtstagskind ist schlechter Laune, seit ihn Amir verlassen hat, den Hörer des Telefons wirft er sofort auf die Gabel, wenn es nicht Amir ist. Er sehnt sich nach dessen Anruf, er sei nun einmal seine große Liebe, auch wenn er ihn im nächsten Moment beschimpft, er hätte ihn nur ausgenutzt. Seine Beschimpfungen machen auch vor Sidonie und seiner Mutter nicht halt, bei Karl ordert er Gin, ansonsten schnupft er reichlich Kokain. Doch als Amir anruft, lehnt er ein Treffen mit ihm, entweder gleich oder am nächsten Mittag, ab.

Ozon hat seinen Film in Köln 1972 angesiedelt, bis auf eine Außenaufnahme spielt er ganz in von Kants Wohnung, aber das Stilisierte des Fassbinder-Films geht ihm ab. Er verwendet in Ereignissen, Dialogen und Figuren zahlreiche Anspielungen auf Fassbinder (es ist interessant zu wissen, wie jemand den Film erlebt, der gar nichts über Fassbinder weiß) und handelt am Ende wie dessen Filme von den Schwierigkeiten der Liebe und des Begehrens, einer „Liebe ohne zu fordern“.


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