Berlinale 2023

„20.000 especies de abejas“: Queere Kindheit im Baskenland

Einer von mehreren Debütfilmen im Wettbewerb der 73. Berlinale: In „20.000 especies de abejas“ erzählt Estebaliz Urresola Solaguren von einem Jungen, der lieber ein Mädchen sein will. Ein Bienenstock dient als Leitmetapher. Die Kritik zum Film.

Sofia Otero in „20000 especies de abeja“. Foto: Gariza Films, Inicia Films

Filmkritik zu „20000 especies de abeja“: Warum sind Bienen-Allegorien so beliebt?

Warum bieten sich Bienen so sehr als allegorische Motive an? Vermutlich kein Tier – vielleicht abgesehen vom Hund – dürfte so oft in Filmen auftauchen, von Victor Erices „Der Geist des Bienenstocks“ bis zu Theo Angelopoulos‘ „Der Bienenzüchter“, beides Filme aus dem europäischen Süden, wo auch Estibaliz Urresola Solaguren herkommt, die Regisseurin von „20.000 especies de abejas“. Ein Debütfilm, nicht der einzige im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale, ein Familiendrama, so wie „Alcarras“, der spanische Film, der letztes Jahr den Goldenen Bären gewann.

Die Spielsachen sind geschlechtsneutral

Hauptfigur ist ein achtjähriges Kind, das bislang immer Aitor genannt wurde (ein männlicher Vorname), das nun aber Lucía heißen will (und von dem Mädchen Sofía Otero gespielt wird). Die Nägel lackiert, die Haare lang, weiche Gesichtszüge, ja, Luciá könnte ein Mädchen sein. Die Mutter Ane (Patricia López Arnaiz) ist Künstlerin und daher – in der etwas klischeehaft einfachen Ordnung des Films – liberal und tolerant. Sie akzeptiert vollends, dass ihr Kind Kleider tragen möchte, betont, dass es keine Spielsachen gibt, die dezidiert für Jungs oder Mädchen sind, doch diese betont liberale Haltung stößt an Grenzen. Nicht zuletzt durch die religiös geprägte Welt des Baskenlandes, in dem der Film spielt. Gegen Konventionen und Erwartungen zu verstoßen hat Konsequenzen, wie Ane und vor allem Aitor/Lucía erfahren müssen.

Sofía Otero in voller Montur: „20.000 especies de abejas“ arbeitet mit dem Bienenstock als Allegorie. Foto: Gariza Films, Inicia Films

Was haben nun die Bienen damit zu tun? Ane arbeitet mit Bienenwachs, eine Freundin züchtet die Tiere und erklärt Aitor/Lucía, wie es in einem Stock abläuft: Jedes Tier hat seine Rolle, von der Königin bis zu den Arbeitern. Keine schlechte Allegorie, aber auch etwas simpel und, ja, typisch für einen Debütfilm. So sehr sich Ane und ihr Mann das Aufziehen ihres Kindes nicht leicht machen, tolerant sein wollen, es unterstützen, egal ob es als Junge oder Mädchen leben will, so einfach macht es sich die Regisseurin oft. So gut beobachtet „20.000 especies de abejas“ oft auch ist, am Ende erschöpft sich Estibaliz Urresola Solaguren in der Darstellung einer komplexen Situation, ohne es zu wagen, die emotionalen Höhen und Tiefen ihres erzählerischen Ansatzes auszuloten. Michael Meyns


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