Berlinale 2023

„Bis ans Ende der Nacht“: Ein kühler Thriller von Christoph Hochhäusler

„Bis ans Ende der Nacht“, der letzte Film im Wettbewerb der 73. Berlinale, kam wie schon vier andere davor aus Deutschland. Christoph Hochhäusler erzählt eine Geschichte mit Polizisten im Drogenmilieu, zugleich eine Geschichte fragiler sexueller Identitäten. Die Filmkritik.

Timocin Ziegler und Thea Ehre in „Bis ans Ende der Nacht“. Foto: Heimatfilm

Ein schwuler Cop und eine Transfrau: „Bis ans Ende der Nacht“

Nach neun Jahren hat Christoph Hochhäusler endlich wieder einen Spielfilm vorgelegt – und „Bis ans Ende der Nacht“ hat es gleich in den Wettbewerb der Berlinale geschafft. Wie schon in seinen beiden Filmen „Unter dir die Stadt“ und „Die Lügen der Sieger“ nutzt Hochhäusler das Genre des Thrillers für einen kühlen Blick auf unsere Gesellschaft.

Jemand wie Christoph Hochhäusler immer noch in die Schublade „Berliner Schule“ zu stecken, ist einigermaßen vermessen, hat sich doch der Filmemacher nach „Fremder Bekenner“ längst vordergründig dem Thriller zugewandt. So auch hier: Den schwulen, verdeckt arbeitenden Cop Robert (Timocin Ziegler) verbindet offenbar schon eine längere Beziehung mit der Transfrau Leni (Thea Ehre). Die ist nur deshalb früher aus dem Knast entlassen worden, weil sie den Online-Drogendealer Victor Arth (Michael Sideris) von früher kennt. Zusammen mit Robert – die beiden geben nach außen ein Liebespaar – soll Leni den alten Kontakt zum Großdealer wieder aufbauen und Beweise sammeln, um ihn zu überführen.

Timocin Ziegler und Thea Ehre sind herausragend in Christoph Hochhäuslers Thriller. Foto: Reinhold Vorschneider/Heimatfilm
Timocin Ziegler und Thea Ehre sind herausragend in Christoph Hochhäuslers Thriller. Foto: Reinhold Vorschneider/Heimatfilm

Doch vor allem Robert ist mit dieser unguten Vermengung von Emotionen und gefährlichem Job überfordert. Er behandelt Leni mies und neigt zu Überreaktionen. Und Victor? Der wittert überall Verräter und blickt auch mit Skepsis auf die alte Beziehung zu Leni. Als eine andere Großdealergang Victor unter Druck setzt, spitzt sich die Lage zu.

Nun wäre Christoph Hochhäusler nicht er selbst, wenn er nicht seine ganz spezielle Art hätte, diese Mixtur aus Crime Story und Love Affair zu inszenieren. Und da ist die gerne hin und her schwebende Kamera fast schon penetrant darauf aus, sich hinter Scheiben zu verstecken, um stets mit einer gewissen Distanz das hoch emotionale Geschehen zu zeigen. Dazu: herrliche Schlager von Esther Ofarim aus den 60er-Jahren, und mit Timocin Ziegler, Thea Ehre und Michael Sideris ein herausragendes Darstellertrio, das von bekannten Gesichtern wie Aenne Schwarz oder Rosa Enskat (als extrem schlecht gelaunte Ermittlerin) flankiert wird. Ein kühler Emotionsthriller, in dem es viel um Liebe, Ver- und Misstrauen sowie Geschlechteridentitäten geht. Martin Schwarz


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