Berlinale 2023

„She Came to Me“: Der Berlinale-Eröffnungsfilm ist leider nur halbgar

Nicht alles, was irgendwie konstruiert wirkt, ist auch zum Lachen: Rebecca Miller lässt in „She Came to Me“ viele Verletzlichkeiten aufeinander los. Ein wegweisender Film ist daraus eher nicht entstanden. Immerhin aber ist die Besetzung erfreulich: Peter Dinklage, Anne Hathaway und Marisa Tomei besuchen die Berlinale.

Peter Dinklage in „She Came To Me“, dem Eröffnungsfilm der Berlinale 2023. Foto: Protagonist Pictures
Peter Dinklage in „She Came To Me“, dem Eröffnungsfilm der Berlinale 2023. Foto: Protagonist Pictures

„She Came to Me“: Ein Kahn wird kommen

Eine ganze Reihe von seltsamen Menschen versammelt Rebecca Miller in ihrer Komödie „She Came to Me“. Zuerst sehen wir den Opernkomponisten Steven (gespielt von dem kleinwüchsigen Peter Dinklage, bekannt aus „Game of Thrones“). Er leidet unter Menschenscheu und Schaffensangst. Seine Frau Patricia (Anne Hathaway) ist ordnungssüchtig und reinigungsfanatisch, Sex gibt es nur nach Kalender, donnerstags also sicher nicht. Der Nachbar Trey ist Gerichtsstenograf und spielt in der Freizeit bevorzugt bei der Nachstellung historischer Schlachten mit. Bei dieser Ansammlung von Charakteren wundert es nicht mehr, dass Steven eines Tages bei einem Spaziergang mit seinem Hund auf eine Schlepperkapitänin (!) namens Katrina (Marisa Tomei) trifft, mit der er etwas erlebt, was er zu einer neuen Oper verarbeitet.

Damit geht die Geschichte von „She Came to Me“ aber erst so richtig los. Denn die Kinder aus dieser komplizierten Familienaufstellung, die sechzehnjährige Tereza und der achtzehnjährige Julian, lieben einander aufrichtig und scheinbar ohne die geringste neurotische Komplikation, und sie haben auch Sex, verhüten dabei, also alles bestens. Nur ist Tereza vor dem Gesetz in New York noch minderjährig. Und ein Pedant könnte deswegen vor Gericht ziehen.

Rebecca Miller scheint es um bewusste Anhäufung von Seltsamkeit zu gehen

Eine gute Stunde lang breitet Rebecca Miller in aller Ruhe ihre Komödienkonstruktion aus, bevor sie dann zu einem halbwegs charmanten Ende findet. Dass das alles aber doch eher zusammengestoppelt wirkt, dass schlüssige Reibung eher nicht entsteht, das hat vielleicht mit der bewussten Anhäufung eben von Seltsamkeit zu tun, um die es der Regisseurin vor allem zu gehen scheint. Kleine Spitzen gegen die politische Korrektheit bleiben dramaturgisch isoliert, der Versuch der Etablierung einer utopischen Gemeinschaft auf dem Kahn wirkt bemüht, und dass alles schließlich auf eine weitere Oper (mit Aliens) hinausläuft, tut dem Genre der Komödie nichts Gutes.

Ein Statement für ein relevantes Gegenwartskino ist „She Came to Me“ eher nicht. Die Tradition halbgarer Berlinale-Eröffnungsfilme setzt sich fort. Es ging wohl vor allem darum, Anne Hathaway und Peter Dinklage – und die wunderbare Marisa Tomei – auf den Roten Teppich zu bekommen. Bert Rebhandl


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