Berlinale 2023

„The Survival of Kindness“ von Rolf de Heer: Diese Bilder sind schwer erträglich

Der australische Regisseur Rolf de Heer schickt eine BlackWoman auf einen rätselhaften Trip durch eine Welt voller Gewalt und Gefahr: „The Survival of Kindness“ stellt mit teils schwer erträglichen Bildern die Frage nach der wahren Menschlichkeit.

Mwajemi Hussein in „The Survival of Kindness“. Foto: Triptych Pictures

Unverständliche Sprache: „The Survival of Kindness“

Bereits die Anfangsszene von „The Survival of Kindness“ kann Übelkeit verursachen: undeutliche Stimmen sind zu hören, die Kamera zieht über ein Schlachtfeld, auf dem zwischen zerstörten Häusern und Bäumen ausschließlich Menschen mit schwarzer Hautfarbe liegen, tot, ermordet. Allmählich wird eine harte Pointe erkennbar: Das Schlachtfeld ist in Wirklichkeit eine riesige Torte, um die sich Menschen mit Gasmasken scharen. Sie schneiden sich riesige Stücke aus dem Kuchen und feiern anscheinend sich und ihren Triumph. Zwei der Gasmasken-Gestalten gehen nach draußen, wo in einem Käfig eine Frau steckt, die ihnen, in dreckverkrusteten Lumpen steckend, mit panischem Blick entgegen starrt.

„The Survival of Kindness“ ist eine Art Parabel

Damit beginnt der Schrecken erst: Bald steht der Käfig mit der sonst namenlosen BlackWoman einsam auf einer riesigen, ausgetrockneten Fläche. Erst nach Tagen kann sich die Frau befreien. Sie macht sich auf einen Weg, durch die Wüste, dann durch Berge und schließlich durch eine Stadt der Gasmasken-Menschen. Hunger und Durst scheint sie nicht zu kennen, das lässt als eines von vielen Indizien erkennen, dass es sich bei diesem Film um eine Art Parabel handelt.

Von links: Mwajemi Hussein und Deepthi Sharma. Foto: Triptych Pictures

Niemand weiß, auf welcher Mission die Frau ist. Die Orte und Zeiten, die sie durchstreift, die Menschen, auf die sie trifft, haben keine Namen und sprechen keine Sprache, die wir verstehen. Es ist eine Reise durch eine Welt von Pest und Verfolgung, von viel kollektivem Tod und wenig Leben. Am Ende zählt nur der Gedanke an ein wenig Freundlichkeit – und an ein Paar guter Schuhe.

Im Niemandsland herrschen Verzweiflung, Diskriminierung, Rassismus und Tod vor

„Survival of Kindness“ hatte im Oktober 2022 im Rahmen des Filmfestivals von Adelaide seine australische Premiere. Regisseur Rolf de Heer fragt mit dem Film aus diversen Perspektiven und mit zahlreichen Anspielungen auf unsere tatsächliche Wirklichkeit danach, wie menschlich wir eigentlich noch sind. Inmitten eines Niemandslandes, in dem Verzweiflung, Diskriminierung, Rassismus und Tod vorherrschen, gibt er uns eine Heldin an die Hand, die zumindest den Willen hat, sich gegen das unverständlich Böse aufzulehnen. 

Die Bilder dieses Films brennen sich regelrecht ein und beschäftigen noch lange danach. Rolf de Heer hat mit „Survival of Kindness“ ein Kunstwerk erschaffen, das viel mehr an verheerender Wahrheit zeigt, als wir es teilweise gerne wahrhaben. Dass Manche bei diesem Film zum Teil die Augen abwenden möchten, ist nur zu verständlich. Wer es schafft, genau hinzusehen, wird jedoch erkennen, wozu die, die sich ein Überleben von Freundlichkeit auf einer Mission des Unlösbaren bewahren, noch fähig – und damit überaus menschlich – sind.  Luisa-Marie Kauzmann


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