Typisch Millenial! Léonor Serraille erzählt in „Ari“ am zweiten Tag des Wettbewerbs von einem Grundschullehrer nach einem Zusammenbruch. Aber nicht nur die Titelfigur hadert mit dem Leben. tipBerlin-Kritiker Michael Meyns hat den Film gesehen.

Selbstmitleid und Weinerlichkeit sind zwei Begriffe, mit denen ältere Menschen gerne Vertreter der Generation Y bezeichnen, während die auch als Millennials bekannten sich selber vermutlich eher als besonders sensibel betrachten. In Léonor Serraille findet diese Generation eine Fürsprecherin, die in ihrem Film „Ari“ die tatsächlichen oder nur eingebildeten Probleme von gut ausgebildeten, sozial abgesicherten Endzwanzigern schildert und sehr viel Sympathie für sie aufbringt.
„Ari“: Die Titelfigur bricht zusammen
Titelfigur ist der 27 Jahre alte Ari, eine schlaksige Gestalt mit sanften Augen und langen Haaren, die ihn vermutlich nicht zufällig bisweilen wie einen Wiedergänger von Jesus wirken lässt. Aris Schäfchen sind Grundschulkinder, doch selbst von diesen ist er überfordert. Was nicht ganz überrascht, denn in einer Probestunde unter Aufsicht der Schulbehörde versucht er, den Kleinen mit Hilfe eines Gedichtes das Wesen der Seepferdchen nahe zu bringen, spricht vom Zweiten Weltkrieg, dem Einfluss von Opium und der speziellen Sexualität der kleinen Wesen. Alles ein bisschen viel, doch dann ist es Ari, der zusammenbricht.
Sein Vater schmeißt den Sohn kurzerhand raus, Freunde geben ihm für den Rest des Films Obdach. Wie ein Reigen zeigt „Ari“ Vertreter der Generation Y zeigt, die auf unterschiedliche Weise mit dem Leben und seinen Härten umzugehen versuchen. Manche leben von Sozialhilfe und sind durchaus zufrieden, andere wohnen im 200-Quadratmeter-Loft, trinken Rotwein und haben stets einen Joint griffbereit, hadern aber dennoch mit der Welt.
„Der Dritte Weltkrieg ist ausgebrochen“
„Der Dritte Weltkrieg ist ausgebrochen“, schreit eine Freundin von Ari einmal in den Raum, was wohl jeder Fridays for Future- oder Last Generation-Aktivist nachvollziehen kann, bei älteren Menschen aber eher für Kopfschütteln sorgen dürfte. Auf welcher Seite der Diskussion sich Léonor Serraile positioniert, steht außer Frage. In ruhigen Bildern, mit sanfter Musik unterlegt, zeigt sie Vertreter einer Generation, die sich betont frei gibt, in polyamourösen Verhältnissen lebt, aber dennoch nicht wirklich glücklich wirkt.
In „Ari“ weisen Kinder den Weg aus der Melancholie
Immer wieder sind es dann Kinder, die den Weg aus der Melancholie zu weisen scheinen: Kindern kann man nichts vormachen, sie durchschauen alles, sagt Ari einmal zu seinem Vater, als er zu erklären versucht, warum er an seinem vermeintlich einfachen Job als Grundschullehrer zu scheitern droht. Am Ende wird Ari es noch einmal als Lehrer versuchen, und man weiß nicht recht, ob das vor allem den Kindern helfen, wird oder doch für Ari die beste Therapie ist.
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