Berlinale

Argentinisches Roadmovie „El mensaje“: Das große Schweigen

Unterwegs in der argentinischen Provinz: Das wortkarge Roadmovie „El mensaje“(„The Message“, „Die Nachricht“), das Weltpremiere im Wettbewerb der Berlinale feiert, verbindet Übersinnliches mit einem trockenen Realismus. tipBerlin-Kritiker Martin Schwarz hat sich auf den sehr langsam erzählten Film eingelassen.

„El mensaje“ lässt sich viel Zeit für seine Einstellungen. Foto: Iván Fund, Laura Mara Tablón, Gustavo Schiaffino / Rita Cine, Insomnia Films

Das südamerikanische Land Argentinien hat rund 46 Millionen Einwohner, davon leben mehr als 15 Millionen in Buenos Aires. Entsprechend dünn ist der Rest des riesigen Landes besiedelt. Genau hier ist „El mensaje“ von Iván Fund angesiedelt: viel Natur, endlose Schotterpisten, wenige Menschen.

„El mensaje“ zeigt einen Alltag in langen Einstellungen

Die kleine Anika (Anika Bootz) ist mit ihrer Großmutter Myriam (Mara Bestelli) und deren Lebensgefährten Roger (Marcelo Subioto) (in der Berlinale-Info ist fälschlicherweise von Pflegeltern die Rede) in einem alten Campingbus unterwegs. Das alte Paar hat eine besondere Marktlücke entdeckt: Anika ist in der Lage, mit Tieren, auch verstorbenen, zu kommunizieren. Mit dieser Gabe verdienen sich die drei ein paar argentinische Pesos hinzu. Wobei die von Haustierbesitzern gebuchten „Gespräche“ nicht an spezielle Tierarten gebunden sind, Anika kommt mit Hunden ebenso klar wie mit Pferden, Igeln oder Schildkröten.

Das schwarzweiße Roadmovie des Venezolaners Fund schildert nun in langen Einstellungen den Alltag dieses ungewöhnlichen Trios. Gesprochen wird im Wesentlichen dann, wenn Myriam in blumigen Worten die Aussagen der Tiere verkündet und deutet. Wobei sich besonders Roger – zuständig für das Finanzielle – als ein Meister des Schweigens entpuppt.

„El mensaje“: Eine ganze eigene Art von karger Poesie

Iván Fund lässt dem Zuschauer sehr viel Zeit, das Gesehene auf sich wirken zu lassen, in minutenlangen, gerne von einer einzelnen Trompete begleiteten Szenen sieht man Landschaften, Tiere, Menschen – und dazwischen immer wieder Anika bei ihrer wortlosen, nur über ihre großen Augen ablaufenden Arbeit. Wobei die Fähigkeiten des Mädchens nicht eine Sekunde infrage gestellt werden, wozu auch? Wer daran glaubt, dem hilft dieses Vorgehen in der Beziehung zum jeweiligen Tier. Die Szenerie mit diesen drei Umherreisenden hat ja selbst etwas Märchenhaftes.

Bringt man allerdings die Geduld auf, sich auf unspektakuläre Erzählweise des Films einzulassen, dann entwickeln die Bilder eine ganz eigene Form von karger Poesie. Zugleich erzählt „El mensaje“ auch von Familienbanden, von einer unausgesprochenen Zuneigung zueinander – und von einem Land, in dem der Überlebenskampf schwerer ist als in vielen anderen Teilen der Welt. Ob das nun mit dem neuen Staatspräsidenten und seiner Kettensäge zu tun hat, sei dahingestellt.


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