Der junge Regisseur Frédéric Hambalek präsentiert im Berlinale-Wettbewerb 2025 seinen zweiten Film „Was Marielle weiß“ – mit einer ungewöhnlichen Versuchsanordnung: Wie kann eine Familie leben, in der es keine Geheimnisse mehr gibt?

Frédéric Hambaleks Film „Was Marielle weiß“: Wettbewerbsteilnahme ist ein Riesensprung
Ein modernes Babyphon, das längst auch mit einer Kamera ausgestattet ist, brachte Frédéric Hambalek auf die Idee zu seinem Film „Was Marielle weiß“. Üblicherweise sind es die Eltern, die ihre Kinder bis in den Schlaf hinein immer im Auge haben. Hier ist es umgekehrt. Marielle ist ein Mädchen am Beginn der Pubertät. Die Eltern sind beide berufstätig. Die Mutter (Juliane Jentsch) und der Vater (Felix Kramer) sind den ganzen Tag in ihrer eigenen Welt, abends kommt die Familie wieder zusammen. Durch einen erzählerischen Kniff ist Marielle plötzlich in der Lage, alles mitzuverfolgen, was ihre Eltern den Tag hindurch getan haben. Damit hat Hambalek die Ausgangslage geschaffen für eine ungewöhnliche Versuchsanordnung: Wie kann eine Familie leben, in der es keine Geheimnisse mehr gibt?
Für den jungen Regisseur, geboren 1986 in Karlsruhe, ist die Teilnahme am Wettbewerb der Berlinale ein Riesensprung. Denn noch vor fünf Jahren war er allenfalls ein Außenseiter des Systems. Damals drehte er auf eigene Kosten den Film „Modell Olimpia“. 10.000 Euro betrug das Budget, Hambalek hatte das Geld gespart. Und er wusste auch, dass er mit seinem Drehbuch wenig Chancen bei der Filmförderung haben würde, jedenfalls als Debütant.
Mit seinem Debüt „Modell Olimpia“ zeigte Frédéric Hambalek seine Begabung
„Modell Olimpia“ erzählt von einer Mutter und ihrem Sohn, die in einer Mietswohnung in irgendeiner unspezifischen Kleinstadt in Deutschland leben. Es gibt verschiedene Indizien, aus denen man eine Vorgeschichte erschließen kann: Ist der Sohn ein Triebtäter, der von seiner Mutter „deprogrammiert“ werden soll? Eine Nachbarin aus der Etage unterhalb ist die einzige regelmäßige andere Kontaktperson, ab und zu engagiert die Mutter eine Studentin von einem Escort-Service für den Sohn, einmal kommt eine „Schauspielerin“ für ein gefährliches Rollenspiel. Zentrale Bedeutung gewinnt schließlich eine Schaufensterpuppe – das Modell Olimpia? Hambalek zeigte mit diesem Film eine ausgeprägte Begabung für filmisches Erzählen und scheut nicht vor radikalen Momenten zurück.
Sein Erweckungserlebnis hatte er in einem Alter, in dem auch seine Figur Marielle ist: Noch halb ein Kind, und davor an „Star Wars“ und ähnliches Filmfutter gewöhnt, sah er im Fernsehen „2001 – Odyssee im Weltraum“ von Stanley Kubrick. Und er wusste nun: das ist (auch oder eigentlich) Kino. Ein Studium der Filmwissenschaften in Mainz brachte weiteres Wissen, als Regisseur ist Frédéric Hambalek weitgehend Autodidakt. Und zwar ein außergewöhnlich selbstsicherer. Das deutsche Kino bekommt mit ihm eine originäre neue Stimme.
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