Berlinale

„The Ice Tower“ von Lucile Hadžihalilović: Ein Film, der verzaubert

Hans-Christian Andersens Märchen von der Schneekönigin wird von Lucile Hadžihalilović, einer der spannendsten europäischen Regisseurinnen, neu interpretiert. tipBerlin-Kritikerin Pamela Jahn ist von „The Ice Tower“ begeistert.

„La Tour de Glace“, internationaler Titel „The Ice Tower“, ist ein Höhepunkt der Berlinale 2025. Foto: 3B-Davis-Sutor Kolonko-Arte-BR
„La Tour de Glace“, internationaler Titel „The Ice Tower“, ist ein Höhepunkt der Berlinale 2025. Foto: 3B-Davis-Sutor Kolonko-Arte-BR

Lucile Hadžihalilović betitelt ihren Film bewusst nicht nach dem Märchen, auf dem er basiert: „The Ice Tower“ („La Tour de Glace“) ist, das wird schnell klar, ihre ganz eigene seltsame Variation des berühmten Hans-Christian-Andersen-Märchens von der Schneekönigin. Im Zentrum steht die 16-jährige Jeanne (Clara Pacini), die in den 1970er-Jahren aus einem Kinderheim flieht. Sie sucht nicht nach einem Jungen, ihrem Freund, wie die Protagonistin im Original. Stattdessen konzentriert sich Hadžihalilović in ihrem Film ganz auf die verhängnisvolle Begegnung des Mädchens mit einer einflussreichen Frau, einer echten Film-Diva, mit großer Erhabenheit und eisigem Blick gespielt von Marion Cotillard.

„The Ice Tower“ ist mit Abstand Lucile Hadžihalilovićs zugänglichstes Werk

Seit die Regisseurin und ihr Star 2004 in Hadžihalilovićs‘ Spielfilmdebüt „Innocence“ zum ersten Mal zusammengearbeitet haben, ist viel passiert. Cotillard hat in Hollywood Karriere gemacht, während die französische Filmemacherin mit zwei weiteren ungewöhnlichen Fantasy-Dramen – „Evolution“ (2015) und „Earwig“ (2021) – ihren Ruf als eine der eigenwilligsten und spannendsten Stimme im europäischen Arthaus-Kino gefestigt hat. „The Ice Tower“ ist mit Abstand ihr bisher zugänglichstes Werk. Doch auch diesmal liegt ein geheimnisvoller, unheimlicher Zauber über den Bildern, so klar und schön und überlegt sie auch sind. 

In ihrer Einsamkeit und Trauer über den Tod ihrer Mutter hat Jeanne sich in die Märchenwelt zurückgezogen. Die Schneekönigin ist ihre liebste Erzählung, sie kennt jedes Wort. Umso faszinierter ist sie, als sie auf ihrer Flucht unverhofft in einem Filmstudio landet, inmitten der Kulissen einer neuen Adaption des Klassikers. Von der Produktionsfirma erhält sie einen Job als Statistin, bei den Dreharbeiten fällt ihr Cristina auf. Sofort ist Jeanne Feuer und Flamme für die famose Hauptdarstellerin. In ihrer Ehrfurcht passt sich den Launen der erhabenen Schauspielerin an. Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten, Parallelen in der Vergangenheit, die größer sind, als man denkt.

„The Ice Tower“ist ein erstes, wundersames Highlight dieser Berlinale

Hinter der verschneiten Fassade verbirgt sich eine Art filmischer Reigen über das Frausein: Die beiden Figuren verschmelzen auf magische Weise miteinander; sie umkreisen sich, stoßen sich voneinander ab. Dadurch entsteht eine Trance, die für Hadžihalilović typisch ist. Allein die Verschmelzung von Realem und Fiktivem greift in der Beschreibung zu kurz. Es ist ein Zustand, den man erleben muss, um seine ganze wundersame Wirkung zu spüren und zu verstehen. „The Ice Tower“ist ein erstes, wundersames Highlight dieser Berlinale. Ein Film von großer Schönheit, Eleganz und Mystik. 


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