Berlinale

„What Does That Nature Say to You“ von Hong Sangsoo: Unverwechselbar

Hong Sangsoo, der koreanische Dauergast auf der Berlinale, macht seit vielen Jahren konsequent sein eigenes Ding: kleine, scheinbar beiläufige Filme über den Alltag. Für viele Fans ist er damit zu einer Kultfigur geworden. Frank Arnold schreibt hier über „What Does that Nature Say to You“ (Originaltitel: „Geu jayeoni nege mworago hani“), das neue Werk des Regisseurs.

„What Does that Nature Say to You“: Der Filmemacher Hong Sangsoo blättert ein Stück koreanischer Alltagskultur vor uns auf. Foto: Jeonwonsa Film Co.
„What Does that Nature Say to You“: Der Filmemacher Hong Sangsoo blättert ein Stück koreanischer Alltagskultur vor uns auf. Foto: Jeonwonsa Film Co.

Drei Jahre bereits ist Junhee mit Donghwa zusammen, ihrer Schwester hat sie zwar Fotos von ihm geschickt, aber in Person hat ihn noch niemand aus ihrer Familie kennengelernt. Als er sie eines Tages mit seinem Auto aus Seoul nachhause bringt, äußert er Interesse, das Haus von außen anzusehen. Als kurz darauf Junhees Vater auftaucht, wird daraus ein längerer Aufenthalt.

Zwei Flaschen Makgeolli sind schnell geleert

Von dem jungen Mann hat der Vater schon gehört, weiß, dass dessen Vater ein prominenter Anwalt ist, der auch häufig im Fernsehen auftritt – zunächst scheint er sich allerdings vor allem für Donghwas Gebrauchtwagen zu interessieren. Eine Probefahrt kann Donghwa ihm nicht abschlagen. Dafür wird er anschließend in das Haus der Familie eingeladen. Während Junhee mit ihrer Schwester spricht, die wegen psychischer Probleme derzeit wieder hier lebe, wie sie Donghwa erklärt hatte, gehen die beiden Männer in den weitläufigen Garten, um eine Zigarette zu rauchen. Zwei Flaschen des koreanischen Alkoholgetränks Makgeolli sind dabei schnell geleert. Als der Vater sieht, dass Donghwa in ein Notizbuch schreibt, erfährt er, dass er es mit einem Poeten zu tun hat. Das passt, denn seine Ehefrau ist ebenfalls Dichterin.

Während der Vater das Abendessen vorbereitet, verbringen die drei jungen Leute den Tag mit einem Ausflug zu Sehenswürdigkeiten. Beim üppigen Abendessen ist dann auch Junhees Mutter anwesend, die es gerade zubereitet hat. Natürlich wird dabei, in erster  Linie von den beiden Männern, kräftig getrunken, der Hausherr kredenzt ein Getränk, das er „für besondere Gelegenheiten“ aufgehoben hat, und fragt den Gast, ob er etwas vertragen könne – was dieser bejaht. Als Junhees Schwester beginnt, ihn auszufragen,  müssen alle erkennen, dass er sich dabei überschätzt hat, was sich in seiner zunehmenden Lautstärke äußert, zumal als sie von ihm wissen will, inwiefern sein Vater ihn unterstützt. Damit scheint sie einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn Donghwa legt Wert darauf, auf die Unterstützung seines Vaters nicht angewiesen zu sein – lieber verdinge er sich an seinen Wochenende mit dem Anfertigen von Hochzeitsvideos, im Übrigen brauche er nicht viel zum Leben. Junhee führt ihn schließlich aus dem Raum, bevor die Situation noch mehr eskaliert.

Ob ihr Mann den Gast einem „Trinktest“ unterzogen habe, will Junhees Mutter wissen, als die Eheleute alleine sind. Ihr Urteil über sein Gedicht lässt Donghwas Chancen als Schwiegersohn jedenfalls nicht so gut erscheinen.

„What Does That Nature Say to You“ mäandert so vor sich hin

In diesem Jahre kann Hong Sangsoo seinen 65. Geburtstag feiern. Dass er dann in Rente geht, ist allerdings nicht zu befürchten. Im letzten Jahr im Wettbewerb mit „A Traveller’s Needs“ vertreten, kehrt er in diesem Jahr zurück mit „What Does that Nature Say to You“ (und drehte zwischendurch noch einen weiteren Film, der im Sommer in Locarno Premiere feierte). Für Regie, Drehbuch, Produktion, Kamera, Musik und Schnitt wiederum in Personalunion tätig, blättert der Filmemacher erneut mit feiner Ironie ein Stück koreanischer Alltagskultur vor uns auf. Dass viel getrunken wird bei ihm, weiß man, dieses Mal wird das allerdings auch selber thematisiert. Ansonsten mäandert der Film vor sich hin – nicht unbedingt ein ideales Werk, um neue Fans zu gewinnen, aber wer seine Filme schätzt, wird auch hier – zumindest ein Stück weit – auf seine Kosten kommen.


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