Berlinale 2019

„Out Stealing Horses“ von Hans Petter Moland (Wettbewerb 6)

201912851_6 Ut og stjæle hester | Out Stealing Horses | Pferde stehlen © 4 1/2 Film

Kontrastprogramm: Nach seinem US-Ausflug mit „Hard Powder“, dem Remake seines eigenen Films „Einer nach dem anderen“, kehrt Hans Petter Moland in seine norwegische Heimat zurück mit diesem Film, mit dem er zugleich zum vierten Mal im Berlinale-Wettbewerb vertreten ist – in der Hauptrolle erneut sein Lieblingsschauspieler Stellan Skarsgard. Statt des schwarzen Humors, der seine bekanntesten Filme kennzeichnete, herrscht diesmal eine elegische Stimmung – nicht unpassend, wenn ein alter Mann auf sein Leben zurückblickt. Trond ist 67 Jahre alt und lebt zurückgezogen in einem kleinen Ort, allein, seit seine Ehefrau vor drei Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. En Telefon hat er nicht, die Kontakte zu Ortsansässigen sind eher sporadisch. Unmittelbar vor dem Jahrtausendwechsel, als bei vielen die Angst vor dem Millenium Bug umgeht, schweift Tronds Blick zurück in die Vergangenheit, genauer gesagt, in den Sommer 1948, in dem eine Kette tragischer Ereignisse das Ende seiner Kindheit markierte. Was für den Jungen aus der Großstadt ein herrlicher Sommer auf dem Lande, in den norwegischen Wäldern beim Bäumefällen hätte sein können, nimmt mehr und mehr albtraumhafte Züge an. Ein Todesfall ist erst der Auftakt. Das Mäjestätische der unberührten Natur, die imposantan Bilder, wenn die Baumstämme endlich ins Wasser gleiten und sich selbständig auf den Weg nach Schweden machen, werden überlagert vom Drama der Menschen. Der Schnee der Gegenwart begräbt die Schuld der Vergangenheit unter sich, der große Knall bleibt aus, eine Rückblende in die Zeit der deutschen Okkupation wirkt eher wie Beiwerk.

„Out Stealing Horses“ basiert auf dem internationalen Erfolgsroman des norwegischen Autors Per Petterson. Moland, der auch das Drehbuch geschrieben hat, wollte ihn zuerst nicht auf die Leinwand bringen, weil er ihn zu sehr an seine eigene Familiengeschichte erinnerte. Am Ende wirkt dieser Film eher halbherzig und verstärkt nach dem Eröffnungsfilm den Eindruck, der diesjährige Wettbewerb fällt unter das Motto Friends & Family. Alte Freunde werden eingeladen, auch wenn deren neue Filme eher mittelprächtig sind.   FRANK ARNOLD

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