Dokumentarfilme über psychotherapeutische Sitzungen sind aus nachvollziehbaren Gründen rar. Das Bedürfnis nach Vertraulichkeit prägt über die Schulgrenzen hinweg Psychoanalyse, Verhaltenstherapie und Paarberatung gleichermaßen. Naheliegend, sich da gleich konsequent für rein fiktionale Erzählformen (wie aktuell der Hollywood-Paartherapie-Film „Wie beim ersten Mal“) zu entscheiden.
Dass Calle Overweg in „Beziehungsweisen“ eine hybride Form gesucht hat, um in ein paartherapeutisches Setting einzudringen, hat also pragmatische, vor allem aber künstlerische Gründe: In seinem Dokuspielfilm treffen drei authentische Therapeuten in einer Serie von Sitzungen auf Paare, die jeweils von Schauspielern dargestellt werden, sich aber an realistischen Vorbildern orientieren. Das Zusammenspiel von Inszenierung, Improvisation, Analyse und offener Intervention des Regisseurs macht „Beziehungsweisen“ zu einem interessanten Genre-Grenzgänger, dessen Formalismen selbst die Beteiligten irgendwann vergessen. Dass es ihr nicht gelungen ist, die Konflikte ihrer konsequent feindlich bleibenden Klienten aufzulösen, grämt eine der Therapeutinnen sehr, auch wenn sie weiß, dass alles hier nur gespielt ist.
Text: Robert Weixlbaumer
Foto: Calle Overweg Filmproduktion
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Beziehungsweisen“ im Kino in Berlin
Beziehungsweisen, Deutschland 2012; Regie: Calle Overweg; Darsteller: Leopold Altenburg (Herrmann), Abak Safaei-Rad (Dorothea), Axel Hartwig (Heiko); 85 Minuten; FSK k.A.
Kinostart: 11. Oktober