Solch ein Familienfoto hat in den US-Südstaaten mancherorts sicher noch Schockwert: groß, massig, afroamerikanisch steht Michael inmitten der christlichen, weißen, republikanischen Obermittelklassefamilie. Der traumatisierte Junge aus ärmsten Verhältnissen soll jetzt schließlich dazugehören, auch wenn das Umfeld der Familie Tuohy teils rat- bis fassungslos reagiert. Wie Michael nun die Chance auf ein besseres Leben inklusive Footballkarriere bekommt – davon erzählt John Lee Hancocks „Blind Side“.
Wie der Film dies macht, ist allerdings problematisch. Nicht nur, dass die nächstenliebende Weiße, die Sandra Bullock in ihrer frisch mit dem Oscar prämierten Performance durchaus passabel verkörpert, zur patenten Retterin des verlorenen Schwarzen wird. „Blind Side“ entwickelt auch kaum tieferes Interesse an Michael, der in 128 Minuten auf wenige Stichworte reduziert bleibt. Als geschmeidig glattes Gegenstück zum drastischen Elendsausbruch „Precious“ landet das gut gemeinte Wohlfühldrama so im unterschwellig Rassistischen. Ein Rückschritt in vielerlei Hinsicht.
Text: Sascha Rettig
tip-Bewertung: Uninteressant
Orte und Zeiten: „Blind Side – Die große Chance“ im Kino in Berlin
The Blind Side, USA 2009; Regie: John Lee Hancock; Darsteller: Sandra Bullock (Leigh Anne Tuohy), Tim McGraw (Sean Tuohy), Quinton Aaron (Michael Oher); Farbe, 128 Minuten; Kinostart: 25. März