Wie der Italiener Paolo Sorrentino gehört auch der Pole Pawel Pawlikowski zu jenen herausragenden Vertretern des aktuellen Kinos, die mit ihren Filmen gern an die Traditionen des europäischen Kunstkinos der späten 50er- und frühen 60er-Jahre anknüpfen.

Wie bereits seinen tollen Vorgängerfilm „Ida“ (2013) hat Pawlikowski auch „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“ in Schwarzweiß und im heute seltenen Normalformat gedreht, geht dabei in der erzählten Geschichte allerdings noch um ein gutes Jahrzehnt zurück: Als der Musikarrangeur Wiktor (Tomasz Kot) Anfang der 1950er-Jahre in Polen ein Gesangs- und Tanzensemble zusammenstellt, das mit traditionellen ländlichen Liedern die neue Nation auch im befreundeten Ausland repräsentieren soll, begegnet ihm die temperamentvolle Zula (Joanna Kulig). Es entspinnt sich eine Amour fou: Die beiden können nicht ohne, aber auch nicht miteinander – die traurigen Liebeslieder scheinen dies stets zu kommentieren.
Pawlikowski verfolgt die Geschichte von Wiktor und Zula durch die 50er-Jahre hinweg, mit Zwischenstationen in Berlin, Paris und Jugoslawien, und erzählt dabei stets den gesellschaftspolitischen Hintergrund mit: etwa wenn das Ensemble bald auch Loblieder auf den „wunderbaren Stalin“ singt. Oder wenn sich das Exil-Künstlerleben in Paris auch als Kampf entpuppt, nicht als pure Exoten wahrgenommen zu werden.
Ähnlich wie „Ida“ stellt „Cold War“ vor einem radikal persönlichen Hintergrund viele Fragen nach Freiheit und Verantwortung: ein kluger Diskussionsstoff, inszenatorisch, kameratechnisch und schauspielerisch beeindruckend.
Cold War – Der Breitengrad der Liebe PL/GB/F 2018, 88 Min., R: Pawel Pawlikowski, D: Tomasz Kot, Joanna Kulig, Borys Szyc, Cédric Kahn, Start: 22.11.
