Wirtschaft zielt auf Wachstum, und Wachstum beruht auf Zerstörung. So einfach muss man das sagen, nachdem man „De Engel van Doel“ gesehen hat, das Porträt einer streitbaren alten Frau, die im Ausbaugebiet des Hafens von Antwerpen in dem Dorf Doel lebt. Sie steht dem Wachstum entgegen, weil sie an dem Ort, an dem sie schon so lange ist, und in dem ihr Mann begraben liegt, bleiben möchte. Über mehrere Jahre hat Tom Fassaert diese Auseinandersetzung beobachtet, die im besten Sinne repräsentativ für einen Konflikt zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen von Individuen ist.
Hauptsächlich von ihrer Küche aus organisiert Emilienne Driesen den Widerstand, der aber nicht zuletzt durch die anderen Teilnehmer als ohnmächtig ausgewiesen ist: Der Pfarrer hat ohnehin schon die ganze Zeit eher die Ewigkeit im Auge als eine realistische Perspektive. In seinen Schwarzweißbildern ist „De Engel van Doel“ ebenso sehr das Porträt einer markanten Persönlichkeit wie eine allgemeinere Meditation über die Unerbittlichkeit der Zeit, gegen deren Ablauf es keinen Widerstand gibt.
Text: Bert Rebhandl
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „De Engel van Doel“ im Kino in Berlin
De Engel van Doel, Belgien/Niederlande 2011; Regie: Tom Fassaert; 77 Minuten; FSK k.A.
Kinostart: 20. September