Nach dem Familienkleinkrieg um Goro Miyazakis erste Regiearbeit, den Fantasyfilm „Die Chroniken von Erdsee“ (2006), scheint der Streit mit seinem Vater, dem Genie und Studio-Ghibli-Mitbegründer Hayao Miyazaki, vorerst beigelegt: „Der Mohnblumenberg“ entstand nach einem Drehbuch Hayaos, der gemeinsam mit Keiko Niwa einen Manga von Chizuru Takahashi und Tetsurф Sayama adaptierte. Da verwundert es natürlich nicht, dass einem die Figurencharakterisierung ungemein vertraut erscheint.
Tatkräftige, aber leicht verdruckste Jungen und noch viel tatkräftigere Mädchen bevölkern die durch ein Familiengeheimnis verkomplizierte Liebes- und Freundschaftsgeschichte der Teenager Umi und Shun, die zugleich unverhohlen nostalgisch am Beispiel eines zum Abriss vorgesehenen alten Schulclubhauses von einer im Verschwinden begriffenen Welt vor dem japanischen Modernisierungsschub anlässlich der Olympischen Spiele von 1964 erzählt. Während der Film dabei mit seinem Verzicht auf Fantasy-Elemente für Ghibli-Verhältnisse zaghaft Neuland betritt, bleibt der Charme der ungemein reichen, in komplexen Beziehungen interagierenden Figuren wie immer schier überwältigend.
Text: Lars Penning
Foto: Universum Film
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Der Mohnblumenberg“ im Kino in Berlin
Kokuriko-zaka kara Japan 2011; Regie: Goro Miyazaki; Stimmen OF: Masami Nagasawa (Umi Matsuzaki), Junichi Okada (Shun Kazama), Keiko Takeshita (Hana Matsuzaki); 92 Minuten; FSK 0
Kinostart: 21. November