Literaturverfilmung 

Siegfried Lenz‘ „Deutschstunde“ im Kino

Maler und Polizist. In der ­titelgebenden Deutschstunde soll der junge Strafgefangene Siggi nach dem Zweiten Weltkrieg einen Aufsatz über „Die Freuden der Pflicht“ schreiben

© G. Pauly/ZDF/Senator

Eine neue Filmfassung der „Deutschstunde“ von Siegried Lenz, es gibt bereits eine ziemlich gute ­Filmversion, die von Peter Beauvais 1971, als ­Zweiteiler in der ARD. Jetzt also bringt Christian Schwochow („Paula“) den gewichtigen Literaturbrocken – der ­Roman von 1969 gehörte bald zur Schullektüre – auf die große Leinwand. In der ­titelgebenden Deutschstunde soll der junge Strafgefangene Siggi nach dem Zweiten Weltkrieg einen Aufsatz über „Die Freuden der Pflicht“ schreiben. Erst nach Wochen hat er das zu Papier gebracht, was zur Nazizeit in seinem Heimatdorf an der Nordseeküste geschehen ist: Er schreibt von seinem Freund, dem ­Maler Jepsen, dem Siggis Vater, der Dorfpolizist, Malverbot erteilt („Befehl aus Berlin!“) und der dieses streng überwacht. Buch und Film ­erzählen durch die Augen des kleinen Siggi von Pflicht und Kunst, von Freundschaft, Tod und Eigensinn, und vom desertierten Bruder Klaas.

Für die Figur des Malers Jepsen, der sich gegen den Zeitgeist und den deutschen ­Kadavergehorsam stellt, hatte sich Lenz am berühmten Emil Nolde orientiert, dessen Ansehen aufgrund seiner doch nicht ganz so lupenreinen Verbindung zum Nazitum seither gelitten hat. Doch schon bei Lenz ging es eher exemplarisch um die Geschichte eines Jungen zwischen zwei grundverschiedenen Vater­figuren, weshalb die Nolde-Diskussion auch in diesem Film nichts zu suchen hat. Trotzdem bleibt bei Schwochow nicht viel mehr als eine solide, allzu brav bebilderte Literaturverfilmung mit aufdringlichen Bildeinfällen (die toten Tiere überall!), die letztendlich wie der Vorgängerfilm im Fernsehen besser aufgehoben wäre.

Deutschstunde D 2019, 125 Min., R: Christian Schwochow, D: Levi Eisenblätter, Tobias Moretti, Ulrich Noethen, Johanna Wokalek, Start: 3.10.

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