Maria Teresa Camoglios Dokumentarfilm „Die dünnen Mädchen“ gibt behutsam Einblick in die Binnenwelt magersüchtiger junger Frauen. Sie haben sich mit dem Übergang von der Kindheit ins komplizierte Erwachsenenleben schwergetan, halten den Ansturm ihrer Gefühle mit ausgeklügelten Kontrollen über ihr Gewicht in Schach und verfangen sich bis zum Zusammenbruch in trotziger Selbstschinderei – durch Hungern, Sportstress, Rückzug in die Einsamkeit.
Der Film begleitet eine Gruppe dieser klugen, verzweifelten Mädchen in einer Spezialklinik und gibt ihren beeindruckend klaren Selbstauskünften Raum und Zeit. Beim Flamenco-Tanz finden sie allmählich wieder zum eigenen Körper zurück, in der Auseinandersetzung mit den expressiven Leidensbildern von Edvard Munch verständigen sie sich über Familienkonstellationen, die ihre Krankheit beförderten. Aber das nur schwer zu durchbrechende Regime der Kalorienzählerei und die psychischen Tiefs nach dem Essen zeigen, wie schwierig die Gesundung ist. „Die dünnen Mädchen“ räumt mit dem bequemen Klischee auf, dass Magersucht und Bulimie nur ein blindes Modediktat seien.
Text: Claudia Lenssen
tip-Bewertung: Sehenswert
Die dünnen Mädchen, Deutschland 2008; Regie: Maria Teresa Camoglio; Farbe, 95 Minuten
Kinostart: 12. März 2009