Das Herstellen von Ziegelsteinen gehört zu den archaischen Verrichtungen des Menschen. Seit er sesshaft ist, gräbt er Lehm aus dem Boden, formt diesen zu Quadern und errichtet daraus Gebäude. Noch heute geschieht dies in allen urbanen Gegenden – wenn auch auf höchst unterschiedliche Weise. Harun Farocki nimmt mit seinem jüngsten Film eine Bestandsaufnahme vor. Er stellt Beispiele aus Afrika, Indien und Europa nebeneinander, beobachtet die jeweiligen Prozesse und untersucht das Verhältnis zwischen Technik und Individuum. Gekoppelt sind die Szenen lediglich durch Piktogramme und knappe Texttafeln. Einen Kommentar benötigt die an Marx geschulte Beweisführung nicht. Mit wachsender technologischer Entwicklung wird die Arbeit zunehmend entfremdet. Während im westafrikanischen Burkina Faso der Bau einer Krankenstation aus Lehmziegeln noch als volksfestartiges Ereignis mit Gesang und Tanz zelebriert wird, unterliegen indische Lohnarbeiter bereits strengen Auflagen, Farben und Gelächter verschwinden. In den hoch technisierten Fertigungsanlagen Deutschlands und der Schweiz schließlich ist der Mensch in der Produktion bereits völlig abhanden gekommen. Dass Farocki den Prozess dieses Verschwindens mit der inzwischen anachronistischen 16mm-Kamera protokolliert, zeugt einmal mehr von seinem anthropologischen Sendungsbewusstsein.
Text: Claus Löser
tip- Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Zum Vergleich“ im Kino in Berlin
Zum Vergleich, Deutschland/Österreich 2009; Regie: Harun Farocki; Farbe, 61 Minuten
Kinostart: 3. September