Fahrradfahren, Kaffeetrinken, sich in die hübsche neue Nachbarin verlieben – Mikhaël Hers inszeniert scheinbar unbekümmert ins Blaue hinein, zeigt unverbrauchte Paris-Bilder ohne Kitschverdacht
Paris im Sommer: Was könnte schöner sein, als sich wie David durchs Leben treiben lassen – Fahrradfahren, Kaffeetrinken, sich in die hübsche neue Nachbarin verlieben? Für den Lebensunterhalt reichen kleine Jobs bei einem Zimmervermieter oder dem Gartenbauamt. Ab und zu kümmert sich David – mehr wie ein großer Bruder denn als verantwortungsvoller Onkel – um die siebenjährige Amanda, die Tochter seiner älteren Schwester Sandrine. Die muss zwar zwischen Job und Alleinerziehung jonglieren, aber im Allgemeinen scheint das Leben für alle Beteiligten eine luftige französische Sommerkomödie zu sein.
Mikhaël Hers inszeniert scheinbar unbekümmert ins Blaue hinein, zeigt unverbrauchte Paris-Bilder ohne Kitschverdacht. Bis hin zu dem schrecklichen Einschnitt, den wir durch Davids Augen nur mittelbar und ungläubig erleben. Nach einem Terroranschlag, bei dem Davids Schwester stirbt und auch seine Freundin schwer verletzt wird, sieht sich der junge Mann nicht nur mit dem Verlust konfrontiert, sondern muss sich auch entscheiden, ob er die Vormundschaft für Amanda übernehmen will.
Trotzdem geht das Leben ringsumher weiter: Touristen winken von Ausflugsbooten, Amanda muss in die Schule, neue Mieter müssen empfangen werden. Ohne falsche Sentimentalität, aber unendlich anrührend zeigt der Film, wie sich die Trauernden zusammenraufen und mit Alltag und Zukunft notgedrungen arrangieren. In einem großartigen Ensemble machen vor allem Vincent Lacoste als David und die kleine Isaure Multrier als Amanda diesen nur vermeintlich distanziert beobachtenden Film zu einem berührenden Erlebnis.
Mein Leben mit Amanda F 2018, 107 Min., R: Mikhaël Hers, D: Vincent Lacoste, Isaure Multrier, Greta Scacchi, Start: 12.9.