Der Meister der Avantgarde: Terrence Malick stellt einen geistig unabhängigen Bauern aus Oberösterreich in den Mittelpunkt seines zur Zeiten des Zweiten Weltkriegs angesiedelten Historiendramas
Der kleine Ort Sankt Radegund in Oberösterreich liegt im flachen Land am Inn. Am anderen Ufer ist schon Bayern. Franz Jägerstätter lebte in dieser Gegend als Bauer, bis er zum Dienst in der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg verpflichtet wurde. Einmal durfte er wieder nach Hause, weil seine Arbeit auf dem Hof als kriegswichtig galt. Beim zweiten Mal aber wurde es ernst, und Jägerstätter gab zu verstehen, dass er an diesem Krieg nicht teilnehmen würde. Er hatte sich sein Urteil über das nationalsozialistische Regime gemacht, es war das Urteil eines frommen, geistig unabhängigen, vom Studium der biblischen Schriften beeinflussten Katholiken.
Terrence Malick interessiert sich in seiner Verfilmung nicht im Detail für die Motive von Jägerstätter, er macht eher eine spirituelle Symbolfigur aus ihm. Den Ort der Handlung hat er aus Gründen der größeren landschaftlichen Attraktivität in ein Alpendorf mit einem hübschen Kirchturm vor Bergzinnen verlegt. Auch sonst legt Malick großen Wert vor allem auf eine Art Naturmystik, wenn er mit einer sehr beweglichen Kamera und mit den für ihn typischen Weitwinkelaufnahmen die dörfliche Welt zu einem kosmischen Geheimnis werden lässt.
In dieser Welt sprechen die Menschen gar nicht so richtig miteinander, sie lassen einander eher Sprachfetzen zufliegen, wenn sie nicht gerade mit Andeutungen von körperlicher Arbeit befasst sind, die stark nach Bergbauernexotik aussieht. Malick umkreist den Akt des Widerstands von Jägerstätter, aber er erschließt ihn nicht. Er macht aus dem oberösterreichischen Bauern einen Stellvertreter seiner eigenen Privatreligion, die er nun schon seit einiger Zeit filmisch entwickelt.
Ein verborgenes Leben USA/D 2019, 177 Min., R: Terrence Malick, D: August Diehl, Valerie Pachner, Maria Simon, Tobias Moretti, Bruno Ganz, Start: 30.1.