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Berlinale 2022

„Avec amour et acharnement“: Intensives Liebesdrama mit Juliette Binoche

Die französische Regisseurin Claire Denis arbeitet im Film „“Avec amour et acharnement“ wie schon in „Meine schöne innere Sonne“ mit Juliette Binoche zusammen: Erneut geht es um eine Frau in mittleren Jahren, die sich ihrer Liebe stärker ausliefert, als es einem stabilen Leben guttut. tipBerlin-Kritiker Michael Meyns war sehr beeindruckt.

„Avec amour et acharnement“ von Claire Denis. Foto: Curiosa Films 2022

Eine Frau zwischen zwei Männer: „Avec amour et acharnement“ lässt Leidenschaften aufeinander prallen

Eine einfache Geschichte: Eine Frau, zwei Männer. Gefährlich einfach ist so eine Konstellation, die im Kino, gerade dem französischen, schon zigfach verhandelt wurde. Aber selten so physisch, so unmittelbar spürbar, wie es Claire Denis in ihrem atemberaubend intensiven Liebesdrama „Both Sides of the Blade“ erzählt. Am Meer, im Urlaub beginnt es, ein nicht mehr ganz junges Paar ist zu sehen, dessen Liebe noch groß ist und durch nichts zu erschüttern scheint. Sie ist Sarah (Juliette Binoche), sie arbeitet beim Radio, er heißt Jean (Vincent Lindon), ehemaliger Rugbyspieler, der wegen krummer Dinge im Knast war und einen halbstarken Sohn namens Marcus (Issa Perica) hat, dessen Mutter zurück in ihrer Heimat auf Martinique ist. Marcus wächst ohne viel Kontakt zum Vater bei der Großmutter (Bulle Ogier) auf und hadert mit seiner Hautfarbe, die seinen Lebensweg scheinbar vorgegeben hat.

Und dann beginnt alles aus dem Ruder zu laufen, durch nicht mehr als einen Blick: Sarah sieht François (Grégoire Colin) mit dem sie einst zusammen war. Damals führte François zusammen mit Jean eine Agentur, er war es der Jean Sarah vorstellte und von ihr verlassen wurde.

Die Regisseurin Claire Denis. Foto: Edison Sanchez

Ganz zufällig sieht Sarah François auf der Straße, wie er mit einer anderen Frau auf seinem Motorrad sitzt, doch der Moment trifft sie wie ein Blitzschlag. Und wie Juliette Binoche das spielt, wie ihr so sicheres, so stabil wirkendes Leben aus den Fugen gerät, ist atemberaubend intensiv. Wie unter Trance agiert sie, als wäre sie nicht mehr selbst in der Lage, Entscheidungen zu treffen. So als würde sie nur die Rolle einnehmen, die ihr die Gesellschaft zugeschrieben hat.

Schon in „Meine schöne innere Sonne“, ihrer letzten Zusammenarbeit mit Juliette Binoche, hinterfragte Claire Denis gesellschaftliche Muster und Zwänge, auch damals schrieb sie das Drehbuch mit Christine Angot, deren Roman „Un tournant de la Vie“ als Vorlage diente. Ganz nah bleibt sie ihren Figuren, zwängt sie in Nahaufnahmen ein, so das selbst die breite Cinemascope-Leinwand wie ein Käfig anmutet, in dem das Trio nicht agiert, sondern kaum mehr als seinen Instinkten nachgibt. Und dazu – wie so oft bei Denis – die elegische, oft hypnotische Musik der britischen Rockband Tindersticks, die den Sog der ausufernden Gefühle spiegelt, den Sarah, Jean und François durchleben – und mit ihnen der Zuschauer.


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