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„Blood & Sinners“: Michael B. Jordan kämpft gegen weiße Vampire

In „Blood & Sinners“ spielt Michael B. Jordan in einer Doppelrolle zwei Brüder, die im Mississippi der 1930er Jahre eine Blues-Bar eröffnen wollen. Das ist aber nicht die einzige Geschichte, die Regisseur Ryan Coogler in „Blood & Sinners“ erzählt: Auf einmal tauchen Vampire auf, und der Film wird zu einer Südstaatenvariante des Horror-Klassikers „From Dusk Till Dawn“. tipBerlin-Filmkritiker Michael Meyns findet, genau solche Wagnisse braucht das Kino gerade.

Michael B. Jordan spielt in einer Doppelrolle die Brüder Smoke und Stack. Foto: Warner Bros.

„Blood & Sinners“ ist eine überbordende Mixtur aus Genremotiven und Drama

Es heißt, der Blues sei aus dem Schmerz geboren. Als Klagelieder mag man die Songs der Schwarzen Musiker verstehen, die in den wenigen Momenten, in denen sie nicht als Sklaven auf den Plantagen im amerikanischen Süden schufteten, Songs schrieben, die inzwischen als Urform des Rock & Rolls und damit letztlich als Basis sämtlicher Formen der populären Musik der Gegenwart gelten. 

Dieser Gedanke formt das Rückgrat von Ryan Cooglers „Blood & Sinners“, einer ebenso ambitionierten wie überbordenden Mixtur aus Genremotiven und Drama, in dem Sklaverei und Vampire nebeneinanderstehen, der mal wirkt wie eine Südstaatenvariante von „From Dusk Till Dawn“, dann wie eine schwarze Antwort auf all die revisionistischen Tarantino-Filme, in denen ein weißer US-Regisseur sich der dunkelsten Seite der amerikanischen Geschichte annahm. 

Noch sieht in „Blood & Sinners“ alles nach einem konventionellen Film über den Blues aus, aber bald tauchen Vampire auf. Foto: Warner Bros.

An einem heißen Tag und einer noch heißeren Nacht im Jahre 1932 spielt die Geschichte, tief im amerikanischen Süden, in Mississippi, wo der junge Sammie (Miles Caton) tagsüber Baumwolle pflückt und Abends Gitarre spielt wie ein junger Gott – oder doch eher der Teufel, wie sein Vater, der lokale Priester, meint. 

Für die Brüder Smoke und Stack (Michael B. Jordan in einer Doppelrolle) ist Sammie jedenfalls genau der, den sie brauchen um ihren Plan erfolgreich in die Tat umzusetzen: Lange Jahre haben die Brüder in der Fremde verbracht, haben in Europa den Krieg erlebt, waren in Chicago Helfer von Al Capone, nun wollen sie in ihrer Heimat einen Juke eröffnen: Einen Juke Joint, einen Tanzschuppen, nur für Schwarze, in dem es Musik und Glücksspiel, Alkohol und Sex gibt, in denen die Baumwollpflücker zumindest für einen Moment in der Woche ein wenig von der Freiheit verspüren können, die ihnen sonst genommen ist. 

Im Juke Joint der Brüder Smoke und Stack können die Baumwollpflücker für kurze Zeit etwas Freiheit verspüren. Foto: Warner Bros.

Dementsprechend wild geht es zu, wenn Sammie seine Gitarre spielt oder die Mundharmonika von Delta Slim (Delroy Lindo) jault. Mitreißende Tanzszenen inszeniert Coogler, lässt in einer langen Einstellung gar die Geschichte der schwarzen Musik zusammenfließen: Afrikanische Grigot-Tänzer sind da auf einmal zu sehen, neben einem modernen Turntable, da steht ein Rick James artiger Superfreak neben twerkenden Tänzerinnen. 

Regisseur Ryan Coogler hatte für „Blood & Sinners“ rund 100 Millionen Dollar zur Verfügung

Und dann tauchen auf einmal Vampire auf, in einer der seltsamsten Drehbuch-Volten, an die man sich in einem derart großen, teuren Hollywoodfilm jüngerer Vergangenheit erinnern kann. Aber vielleicht auch genau weil Coogler für „Blood & Sinners“ ein Budget von rund 100 Millionen Dollar zur Verfügung hatte, was für einen Film über den Blues vielleicht doch etwas viel wirkte. Dann lieber auf die scheinbar sichere Bank eines Genrefilms setzen, blutrünstige Untote einbauen, die die Möglichkeit eröffnen, das Blut des Titels spritzen zu lassen. Als Allegorie für die Art und Weise, wie das von Weißen geprägte Musikbusiness den schwarzen Blues jahrzehntelang ausbeutete und sich aneignete, mag man das verstehen, aber das wäre eine Interpretation mit der Brechstange. 

Die allerdings zu einem überbordenden Film passen würde, der mit großer Wucht, Kraft und auch einer gehörigen Portion Wut versucht, kaum zusammenzubringende Themen in ein flirrendes Südstaatenepos zu quetschen. Ambition kann man Ryan Coogler bei seinem inzwischen fünften Film gewiss nicht absprechen, und auch wenn nicht alles funktioniert: Genau solche Wagnisse braucht das Kino gerade, das sich zunehmend mit Fortsetzungen und Remakes aus Hollywood erschöpft.  

  • Blood & Sinners USA 2025; 137 Min.; R: Ryan Coogler; D: Michael B. Jordan, Hailee Steinfeld, Miles Caton; Kinostart: 17.4. 

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