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Interview

Christiane Paul über „Es ist nur eine Phase, Hase“: Schon beim Lesen gelacht

Sie war mitten in einem Medizinstudium, als sie ihren Durchbruch als Schauspielerin hatte: Christiane Paul zählt heute zu den großen deutschen Stars. In der Komödie „Es ist nur eine Phase, Hase“ ist sie nun neben dem Comedian Christoph Maria Herbst zu sehen. Im Gespräch mit tipBerlin-Autor Frank Arnold erzählt sie über die Perfektion amerikanischer Komödien, über ihre internationalen Erfahrungen im Filmgeschäft, und über komplexe Frauenfiguren.

Christina Paul in „Es ist nur eine Phayse, Hase“ von Florian Gallenberger. Bild: Majestic

tipBerlin Frau Paul, dieses Drehbuch erreichte Sie auf normalem Weg über Ihre Agentin?

Christiane Paul Ja, und tatsächlich wollten die erst einmal Probeaufnahmen machen von Christoph Maria Herbst und mir. Christoph war schon besetzt und sie wollten schauen, ob die Paarung funktioniert. Den Spagat zwischen einer Tiefe und eben Leichtigkeit, was die Amerikaner mit ihren Screwballkomödien zur Perfektion getrieben haben, mag ich sehr. Hier wird eine Ehekrise, eine midlife crisis der Protagonisten erzählt, aber nicht als Drama, sondern auf leichte Weise. Ich habe mich dabei ertappt, dass ich beim Lesen gelacht hab.

„Witze muss man testen“: Christiane Paul über die Arbeit an „Es ist nur eine Phase, Hase“

tipBerlin Christoph Maria Herbst ist ja vor allem als Comedian bekannt. Hier gibt es eine Szene, wo Sie beichten, dass Sie die Nacht mit einem anderen Mann verbracht haben und hinzufügen, „nur einmal“, woraufhin er ganz trocken antwortet, „Charles Manson hat auch nur einmal Leute umgebracht“. Stand das im Drehbuch oder war das eine spontane Eingebung von ihm?

Christiane Paul Ich glaube, dass das von ihm stammt. Ja. Ich hatte den Eindruck, dass er da nach etwas wirklich prägnant Lustigem gesucht hat. Er hat sich das erarbeitet und dann auch gefunden. Ich habe schon öfter mit Comedians zusammengearbeitet, mit Oliver Kalkofe und Matthias Matschke. Den habe ich danach gefragt. Das ist keine spontane Eingebung, sondern die probieren das schon aus. Und wenn es dann funktioniert, dann machen sie es so. Das war für mich wahnsinnig beruhigend, dass das nicht einfach so kommt, sondern die bauen das und dann testen sie das – „proben, proben, proben“, wie Matthias sagte. Aber sie haben trotzdem ein irres Gespür, mit welchem Timing, mit welchem Gefühl setze ich welchen Satz. Das ist eine besondere Begabung, denke ich.

Die Schauspielerin Christiane Paul. Bild: Majestic

tipBerlin Hatten Sie vorher Zeit zum Proben? Man hört ja oft, dass dafür Zeit und Geld fehlen oder aber, dass einer der Schauspieler zu Drehbeginn direkt von einem anderen Set kommt. Auf der anderen Seite gibt es Regisseure wie Mike Leigh, die Figuren und Drehbuch in langer Arbeit mit den Schauspielern entwickeln.

Christiane Paul Wir hatten hier eine Woche Probentage. Was ich allerdings viel wichtiger finde: wir haben Spiele gemacht, vor allem mit den Kindern, um uns als Familie finden zu können, also etwa blind durch den Raum gehen und fühlen, auf dem Boden liegen und irgendwelche Geräusche machen oder auch Scharade spielen, also sensuelle Verknüpfungen, die tiefere Beziehungsebenen ansprechen. Das finde ich viel wichtiger als detailliert Szenen zu proben. Aber da ist jeder Regisseur und jeder Schauspieler anders.

Dany Levy, mit dem ich mehrfach und gerne gearbeitet habe, stellt einfach die Kamera auf und probt gar nicht. Bei „Die Welt der Wunderlichs“ musste ich daraufhin erst einmal meine Schockstarre überwinden, aber danach war es gut.

Bei „Unterm Radar“ habe ich dagegen drei bis vier Tage mit dem Regisseur Elmar Fischer das Drehbuch durchgesprochen, um zu sehen, was interessiert mich daran, was ist das für eine Figur? Bei „Borga“ von Jörg-Fabian Rabe, der jetzt am 28. Oktober auch in die Kinos kommt, ging es für mich vor allem darum: wo willst Du hin mit der Szene, was willst Du genau von der Figur? Das sind für mich viel wichtigere Punkte als eine Szene im Ablauf zu probieren, da lasse ich mich viel lieber überraschen. Aber bei einer Komödie ist es schon wichtig, wie man wohin kommt.

„Ich habe meinen Blick als Frau eingebracht“: Christiane Paul über „Es ist nur eine Phase, Hase“

tipBerlin Buchvorlage und Drehbuch sind von Männern geschrieben, der Film beginnt auch mit dem Ehemann…

Christiane Paul Stimmt, das stammt beides von Männern. Es gab auch ein paar Sachen, wo ich meinen Blick als Frau eingebracht habe. So war zwischendurch die Szene rausgefallen, wo ich mich von meinem Liebhaber trenne. Daraufhin habe ich mit Florian Gallenberger noch mal gesprochen und gesagt, das halte ich für ein Problem, denn alles beginnt ja damit, dass Emilia sagt, so geht es nicht weiter, ich will autonom und selbständig bleiben.

Sie will eben nicht darauf warten, dass ihr Mann sich von seiner Affäre trennt, sondern vermitteln: Ich als Frau bin autark, es war schön mit Dir, aber auch wenn ich mich von meinem Mann getrennt habe, will ich jetzt allein sein. Man macht diese Frau schwach, wenn sie nicht in der Lage ist, das für sich selber zu entscheiden.

tipBerlin Als Sie mit „Das Leben ist eine Baustelle“ bekannt wurden, war überall zu lesen, dass Sie parallel ein Medizinstudium absolvierten. Das lief ganz ohne Auszeit von der Schauspielerei?

Christiane Paul Genau, nur bei dem Film hat mich Wolfgang Becker mehr oder weniger ‚gezwungen’, ein Freisemester zu nehmen.

tipBerlin Gibt es vielleicht noch die Perspektive, etwas aus dem Medizinstudium zu machen? Marianne Koch, die auch eine Ausbildung als Ärztin hatte, hat ja später im Fernsehen eine medizinische Ratgebersendung moderiert.

Christiane Paul Denken Sie, ich bin schon nach der Filmkarriere?! Das sehe ich nicht. Nein, ich bin für mich vollkommen im Beruf der Schauspielerin angekommen. Ich hoffe, dass es Rollen gibt, die Frauen mittleren Alters nicht nur als Hausfrauen und Mütter besetzen. Gerade amerikanische Serienproduktionen zeigen uns da eine große Vielfalt.

tipBerlin Das deutsche Kino hinkt da hinterher…

Christiane Paul Insgesamt vielleicht, ja, ich für mich habe mit meinen Rollenangeboten bisher Glück gehabt und dafür bin ich dankbar. Aber tatsächlich waren meine interessanteren Rollen in den letzten Jahren alle in internationalen Produktionen, in Frankreich, England und Amerika. In Amerika habe ich den Bösewicht gespielt, eine extrem smarte, aber auch skrupellose Figur, eine Frau, die tötet. Damit können die Amerikaner wesentlich besser umgehen, scheint es. Das war in der Serie „Counterpart“ mit J.K. Simmons, wo in der zweiten Staffel meine Figur der Hauptantagonist war, eine sehr komplexe Frauenfigur.

In einer CBS-Serie, die ich gerade drehe, spiele ich eine Frau in charge. Irgendwie sind die damit weiter. Diese Rollen, die habe ich jetzt alle im Ausland gespielt. Wir haben in Deutschland Politikerinnen, wir haben CEOs, das können Film und Fernsehen auch noch mehr abbilden.

D 2020; 102 Min.; R: Florian Gallenberger; D: Christoph Maria Herbst, Christiane Paul, Jürgen Vogel; Kinostart: 14.10.


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