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Filmstarts der Woche: Von „Wunderschön“ bis „In 80 Tagen um die Welt“

Der Film „Wunderschön“ von Karoline Herfurth hatte vielleicht in Deutschland das größte Corona-Pech in der Kinobranche: Zweimal musste der für die Weihnachtszeit vorgesehene Start abgesagt werden, nun ist es endlich so weit, der Ensemblefilm um falsche Körperideale läuft an. Dazu diese Woche: das iranische Drama „Ballade von der weißen Frau“, das im Vorjahr auf der Berlinale lief, die Animationskomödie „In 80 Tagen um die Welt“, und der Versuche einer deutschen Bollywood-Hommage „Träume sind wie wilde Tiger“. Die Filmstarts der Woche im tipBerlin-Überblick


Wunderschön

„Wunderschön“ von Karoline Herfurth. Foto: Warner

DRAMA/KOMÖDIE Model ist angeblich ein Traumberuf. Wenn man sich aber Julie in Karoline Herfurths „Wunderschön“ ansieht, werden sich das sicher manche anders überlegen. Julie (Emilia Schüle) ist extrem im Stress, weil jede auch nur winzige Veränderung ihres Körpers ein Problem darstellt. Vor allem natürlich, wenn sie ein paar Gramm zunimmt, und das meistens auch noch an einer falschen Stelle. Julie ist eine der zentralen Figuren in „Wunderschön“, aber eine Hauptfigur im strengen Sinn gibt es gar nicht, denn Karoline Herfurth nimmt sich ihr Thema – die Diktatur bestimmter Schönheitsideale – vor, indem sie von einer ganzen Reihe von Figuren erzählt, die alle auf ihre Weise mit Körperidealen zu kämpfen haben. Da ist die Lehrerin Vicky (Nora Tschirner), die mit einer kunsthistorischen Projektarbeit gegen den Schlankheitswahn der Gegenwart argumentiert. Da ist Frauke (Martina Gedeck), die unter dem Desinteresse ihres Mannes leidet. Da ist die Schülerin Leyla, die Julie auf Instagram folgt, und sich nur mühsam von dem Trugbild befreit, das die App verbreitet. Alle haben auf die eine oder andere Weise mit Sonja zu tun, das ist die Rolle, die Karoline Herfurth selbst spielt: eine Mutter, die vom Milchabpumpen bis zum Abtrainieren von Schwangerschaftsstreifen durch die heutigen Optimierungsansprüche jagt – bis sie dazu auf Distanz geht. „Wunderschön“ ist vielleicht eine Spur zu deutlich auf die Botschaft hin ausgelegt, um die es geht: Schönheit ist überall. Man muss sie nur sehen lernen. Bert Rebhandl

D 2020; 131 Min.; R: Karoline Herfurth; D: Karoline Herfurth, Emilia Schüle, Nora Tschirner; Kinostart: 2.2.

Fehlende weibliche Perspektiven, Optimierungsdruck und die Schnapsidee, Regisseurin zu werden: Darüber hat Karoline Herfurth im Interview mit uns gesprochen.


Ballade von der weißen Kuh

„Ballade von der weißen Kuh“ von Maryam Moghadam und Behtash Sanaeeha. Foto: Weltkino

DRAMA Ein Jahr nach der Hinrichtung ihres Mannes erfährt die Witwe Mina von der Justiz, dass ein Irrtum vorlag: Der wahre Mörder hat gestanden. Mina steht eine finanzielle Kompensation zu, aber ansonsten gilt: alles Gottes Wille. Doch Mina will mehr: zumindest eine öffentliche Entschuldigung und ein privates Treffen mit den Richtern, die ihren Mann seinerzeit verurteilt haben. Aber das ist im System nicht vorgesehen. Ko-Regisseurin und -Autorin Maryam Moghadam spielt die Rolle der Mina mit energetischer Präsenz, eine Frau, die klaglos mit all den Widrigkeiten zurechtkommt und auch sonst mutig ihren Weg in einer männerdominierten Gesellschaft geht. Lars Penning

IR/F 2021; 105 Min.; R: Behtash Sanaeeha und Maryam Moghadam; D: Maryam Moghadam, Alireza Sani Far, Pouria Rahimi Sam, Avin Poor Raoufi; Kinostart: 3.2.


In 80 Tagen um die Welt

„In 80 Tagen um die Welt“ von Samuel Tourneux. Foto: Studiocanal

ANIMATION Bei keinem anderen Filmgenre kann man der Fantasie derart freien Lauf lassen wie bei Animationen. Genau das tut der französische Regisseur Samuel Tourneux in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm. Er entwirft eine bunte Illusionswelt, in die er eine altbekannte Geschichte platziert: „In 80 Tagen um die Welt“ von Jules Verne. Die handelnden Figuren sind durchweg Tiere, und da ist es von Phileas Fogg nicht weit zu Phileas Frogg. Besagter Frosch ist aber alles andere als ein Gentleman mit steifer Oberlippe, sondern ein anfangs nicht einmal sympathischer Gauner. Er lässt sich von einigen Garnelen (!) zu der Wette überreden, in 80 Tagen einmal um die Welt zu reisen. In seinem Schlepptau: das von der Mutter behütete Affenkind Passepartout, dessen Traum schon immer die große Abenteuerfahrt war. Den beiden alsbald auf den Fersen: der Wüstenrennmaus-Polizist Mister Fix, der Phileas wegen eines Bankraubs festnehmen will. Unterwegs retten die beiden der Frosch-Prinzessin Aouda das Leben, sie revanchiert sich mit einem Flugapparat, der Phileas und Passepartout aus so mancher brenzligen Situation befreit.

Turbulent geht es zu in dieser familienkompatiblen Literaturverfilmung, so turbulent, dass man ein wenig braucht, um sich in diesem Animationskosmos mit seinen skurrilen Bewohnern zurechtzufinden. Hinzu kommt, dass einem auf der Fantasieerde ein wenig die Koordinaten abhanden kommen, was den Fortschritt der Weltreisenden betrifft. Dennoch erlebt man eine vergnügliche Reise mit herrlich schrägen Figuren (etwa eine Skorpion-Rockergang), diversen Zitaten aus der Welt der Unterhaltung und einer froschigen Hauptfigur, die die übliche Katharsis durchleben muss, um zum Helden zu werden. Martin Schwarz

F/B 2021; 82 Min.; R: Samuel Tourneux; Kinostart: 3.2.


Träume sind wie wilde Tiger

„Träume sind wie wilde Tiger“ von Lars Montag. Foto: Wild Bunch Germany

KINDERFILM Ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerter Kinderfilm. Etwa, wenn in die Spielfilmwelt der reale Film „Der Schuh des Manitu“ Einzug hält. In dem spielte 2001 der Inder Irshad Panjatan den Häuptling Listiger Lurch. Und seine Begeisterung für Deutschland wurde so groß, dass er nun in diesem Film als Opa Daada Ram seiner Familie Deutsch beibrachte. Daadas Sohn Sunil (Murali Perumal) will mit Gattin Kalinda (Sushila Sara Mai) und dem halbwüchsigen Sohn Ranji (Shan Robitzky) nach Deutschland umziehen, um dort als Ingenieur zu arbeiten. Für Ranji kommt der Umzug höchst ungelegen, möchte er doch als riesiger Bollywood-Fan an einem Casting teilnehmen, um an der Seite seines großen Vorbilds, Superstar Amir Roshan, zu spielen.

An seiner neuen deutschen Schule erfährt Ranji zuerst das leider übliche Mobbing von  Mitschülern, unter ihnen Ranjis Nachbarin Toni. Doch allmählich nähern sich die beiden an und machen sich an das Castingvideo, mit dem sich Ranji bewirbt. Er wird zum Vorspielen nach Mumbai eingeladen. Aber wie dorthin kommen?

Den Drehbuchautoren rund um Koautor und Regisseur Lars Montag („Einsamkeit und Sex und Mitleid“) gelingt das Kunststück, Bollywood nach Germany zu verfrachten. Dabei behilflich ist ihnen mit Shan Robitzky ein charismatischer junger Schauspieler.  Könner wie Simon Schwarz, Anne Ratte-Polle und Nina Petri spielen verschrobene, aber glaubwürdige Erwachsene. Pointierte Dialoge sowie gekonnte Songs und Choreografien machen aus „Träume sind wie wilde Tiger“ einen gelungenen Familienspaß. Zudem lernt man, dass Träume mindestens so wichtig sind wie Mathematik. Martin Schwarz

D 2021; 96 Min.; R: Lars Montag; D: Shan  Robitzky, Annlis Krischke, Murali Perumal; Kinostart: 3.2.


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