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Filmstarts der Woche: Von „Curveball“ bis „Beckenrand Sheriff“ mit Milan Peschel

Das deutsche Kino ist diese Woche stark vertreten: mit der bayerischen Komödie „Beckenrand Sheriff“ von Marcus H. Rosenmüller, mit Johannes Nabers Politthrillerkomödie „Curveball – Wir machen die Wahrheit“ und mit Damir Lukacevics Wedding-Drama „Ein nasser Hund“; dazu gibt es französisches Wohlfühlkino („Der Rosengarten von Madame Vernet“), ein Porträt der Band Dinosaur jr., das ästhetisch hochwertige Kriegsdrama „The Painted Bird“ und ein Generationendrama aus Österreich: „Waren einmal Revoluzzer“. Alle Filmstarts vom 9. September hier im tipBerlin-Überblick.


Beckenrand Sheriff

Am 9.9. läuft "Beckenrand Sheriff" mit Milan Peschel bundesweit in den Kinos an. Foto: Leonine Studios
Am 9.9. läuft „Beckenrand Sheriff“ mit Milan Peschel bundesweit in den Kinos an. Foto: Leonine Studios

KOMÖDIE Karl (Milan Peschel) ist Schwimmmeister – die Bezeichnung Bademeister verbittet er sich – im Freibad von Grubberg irgendwo im Bayerischen: ein Pedant, der als Schwimmbad-Kleindiktator seine Unsicherheit hinter unzähligen Baderegeln versteckt. Und seien sie auch noch so unsinnig wie „Auf Bahn 6 wird nicht gekrault!“ Und dann auch noch das: Die opportunistische Bürgermeisterin (Gisela Schneeberger) hat beschlossen, das lädierte Bad abzureißen. Der örtliche Bauguru Albert Dengler (Sebastian Bezzel) wittert schon eine neue Fläche zum Bebauen.

Unterstützung zum Erhalt des Bades bekommt Karl zuerst nur vom aus Nigeria stammenden Praktikanten Sali (Dimitri Abold). Der hat sich in Denglers Tochter Lisa (Sarah Mahita) verknallt, eine Ex-Schwimmeisterin. So entsteht allmählich eine illustre Meute, die sich gegen den Badabriss zur Wehr setzt. Unter ihnen: die seltsame Trainerin einer Wasserball-Mannschaft (Johanna Wokalek).

Seit seinem Spielfilmdebüt „Wer früher stirbt, ist länger tot“ (2006) hat Marcus H. Rosenmüller 2006 etliche sympathische Filme aus der Kategorie „Neuer deutscher Heimatfilm“ vorgelegt. Nach dem eher faden Fußballdrama „Trautmann“ hat er sich  wieder auf seine Stärken besonnen und erzählt hier eine Geschichte aus dem Leben mehr oder weniger normaler Leute. Und die werden mit viel Empathie und Tempo vorgeführt. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings der Mut zum plumpen Klamauk, der in nicht uninteressanter Opposition steht zu sehr gefühlvollen Momenten. Martin Schwarz

D 2021; 114 Min.; R: Marcus H. Rosenmüller; D: Milan Peschel, Dimitri Abold, Sebastian Bezzel, Gisela Schneeberger, Johanna Wokalek; Kinostart: 9.9.


Curveball – Wir machen die Wahrheit

Neu im Kino: "Curveball". Foto: Sten Mende
Neu im Kino: „Curveball“. Foto: Sten Mende

DRAMÖDIE Wer alt genug ist, sich an die frühen 2000er-Jahre zu erinnern, weiß um den Vorwand, mit dem insbesondere der damalige US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair eine militärische Intervention im Irak rechtfertigten: Der irakische Diktator Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen und müsse daran gehindert werden, sie auch zu benutzen. So begann 2003 der Irakkrieg, dessen Folgen die Welt bis heute ins Chaos stürzen, mit einer dicken Lüge. Denn: Es gab keine Massenvernichtungswaffen und keine Angriffspläne.

Fast zwanzig Jahre ist das nun her, doch Regisseur Johannes Naber ist von der Aktualität des Themas fest überzeugt. Sein Spielfilm „Curveball – Wir machen die Wahrheit“ handelt von der Verstrickung des Bundesnachrichtendienstes in die Affäre: Der BND-Biowaffenexperte Wolf (Sebastian Blomberg) soll die Angaben des in Deutschland Asyl suchenden irakischen Ingenieurs Rafid Alwan (Dar Salim) überprüfen, der behauptet, er habe in der alten Heimat an einem geheimen Biowaffenprogramm gearbeitet. Als die Lüge auffliegt, passt sie verschiedenen Parteien so gut ins Kalkül, dass sie weiterhin als Wahrheit verkauft wird.

Naber erzählt die im Kern wahre Geschichte in einer Mischung aus Ernst und milder Satire: Die zusehends auch privaten Verwicklungen zwischen dem verbissenen Wolf und naiv-gewitzten Alwan sind dabei nett anzusehen, doch die rechte Durchschlagskraft  mag sich nicht einstellen. Insbesondere dann nicht, wenn man Wolfs Vorgesetzte als reine Schießbudenfiguren charakterisiert. Und ganz ehrlich: Irgendwie ist diese Story von der Weltgeschichte längst überrollt worden. Lars Penning

D 2020, 108 Min., R: Johannes Naber, D: Sebastian Blomberg, Dar Salim, Franziska Brandmeier, Start: 9.9.


Der Rosengarten von Madame Vernet

Neu im Kino: "Der Rosengarten von Madae Vernet". Foto: Neue Visionen
Neu im Kino: „Der Rosengarten von Madae Vernet“. Foto: Neue Visionen

WOHLFÜHLFILM Die Rosenzucht ist ein nobles Handwerk, vergleichbar vielleicht dem Weinbau, denn man braucht eine Nase dafür. Aber natürlich macht die moderne Wirtschaft auch vor diesem Metier nicht Halt. Madame Vernet, eine „unabhängige“ Rosenzüchterin, sieht sich zunehmend in der Defensive gegenüber einem Großbetrieb, der alle Preise abräumt und ihr auch die Kundschaft wegnimmt. Als sie drei gesellschaftliche Problemfälle zugeteilt bekommt, die bei ihr mitarbeiten sollen, eine Maßnahme der Sozialberhörden, da reagiert sie zuerst einmal unwirsch. Doch dann erweist sich gerade diese List des Schicksals (und des Drehbuchs) als Rettungsanker für ihren Betrieb.

Pierre Pinaud macht mit seinem Film „Der Rosengarten von Madame Vernet“ ein Häkchen nach dem anderen bei den Großthemen unserer Zeit, und er steht mit seiner Hauptdarstellerin Catherine Frot natürlich in allen diesen Angelegenheiten auf der richtigen Seite: auf der eines Familienbetriebs, der sich nicht den Marktdiktaten beugen möchte. Dafür braucht es eine Art Wunder, aber was wäre wunderbarer als Mutter Natur, die sich hier höchstselbst gegen die Arroganz der hochtechnisierten Branche stellt. „Der Rosengarten der Madame Vernet“ ist französisches Wohlfühlkino in Reinkultur, vergleichbar mit „Parfum des Lebens“, der auch gerade in den Kinos läuft, und in dem es auch um die schöne Illusion eines Lebens geht, dem im wichtigen Moment schon die richtigen Dinge zufliegen. Bert Rebhandl

La fine fleur (OT); F 2020; 94 Min.; R: Pierre Pinaud; D: Catherine Frot, Melan Omerta, Fatsah Bouyamed; Kinostart: 9.9.


Freakscene – The Story of Dinosaur Jr.

„Freakscene“ von Philipp Reichenheim. Bild: Rapid Eye Movies

MUSIKFILM Seit 1985 sind Dinosaur Jr. mit ihren krachigen, melodiösen Soundwänden die unbekannteste Bekannte des Indie-Noise-Rock. Dem Film ist eine vielschichtige Symbiose von Bild und Musik über ihre Bandgeschichte gelungen. In 80 Minuten fegt die Essenz von Dinosaur Jr. über die Leinwand und fühlt sich mitunter fast ein bisschen an wie eines ihrer furiosen Live-Konzerte. Andreas Döhler

Deutschland 2021; 82 Min.; R: Philipp Reichenheim; KInostart: 9.9.


The Painted Bird

"The Painted Bird" Vaclav Marhoul läuft diese Woche neu im Kino. Foto: IFC
„The Painted Bird“ Vaclav Marhoul läuft diese Woche neu im Kino. Foto: IFC

KUNSTFILM Der Roman „Der bemalte Vogel“ (1965) des polnisch-jüdischen Schriftstellers Jerzy Kosinski galt lange als unverfilmbar: denn die drastischen Erlebnisse eines Jungen, der während des Zweiten Weltkriegs durch eine unwirtliche Landschaft irrt und immer wieder Obdach bei Menschen finden, die sich als grausam und sexuell extrem erweisen, sind schon in sprachlicher Form harter Tabak, in Bildern ausgemalt möchte man das nicht unbedingt auch noch bekommen. Nun hat der tschechische Regisseur Václav Marhoul sich der Sache angenommen: „The Painted Bird“ ist heutiges Kunstkino par excellence, vor allem visuell immer wieder atemberaubend mit vielen sorgfältig auf Effekt komponierten Bildern von Menschen und Tieren, die sich aus ihrer Verlorenheit in wildes Brauchtum, brutalen Suff oder Geschlechtsverkehr mit einem Ziegenbock retten.

Man wird sich den vielen Ideen von Marhoul nicht leicht entziehen können, allerdings sorgt er mit der markanten Ästhetik seiner Schwarzweißbilder auch für einen gewissen Ermüdungseffekt, und zudem verschwindet die historische Erfahrung des Zweiten Weltkriegs zunehmend hinter einem durchaus kontroversen Menschen- und Naturbild: In „The Painted Bird“ verschwimmen alle europäischen Kriege zu einem einzigen, dreißig- bis vielhundertjährigen Barbarentum, in dem sich das Menschliche in Gestalt des Jungen nur mühsam behauptet. Bert Rebhandl

CZ 2019; 169 Min.; R: Vaclav Marhoul; D: Petr Kotlar, Stellan Skarsgard, Harvey Keitel; Kinostart: 9.9.


Ein nasser Hund

"Ein nasser Hund" von Damir Lukacevic startet am 9. September in den Kinos. Foto: © Volker Roloff/ Carte Blanche International/ 2019
„Ein nasser Hund“ von Damir Lukacevic startet am 9. September in den Kinos. Foto: Volker Roloff/ Carte Blanche International/ 2019

KIEZDRAMA Soheil zieht mit seinen Eltern aus Göttingen in den Wedding. Er findet muslimische Freunden, denen er zuerst verschweigt, dass er Jude ist. Nach einem autobiografischen Roman von Arye Sharuz Shalicar erzählt Damir Lukacevic eine pädagodisch wertvolle und doch straßentaugliche Jugendgeschichte. Bert Rebhandl

D 2020; 102 Min.; R: Damir Lukacevic; D: Doguhan Kabadayi, Mohammad Eliraqui, Derya Dilber; Kinostart: 9.9.


Waren einmal Revoluzzer

„Waren einmal Revoluzzer“ von Johanna Moder. Bild: Freibeuterfilm

DRAMA Die Richterin Helene hat mit dem Musiker Jakob zwei Kinder. Vor Jahren war sie einmal mit dem Russen Pavel zusammen, der in Moskau im Untergrund lebt. Er wird in einer konspirativen Aktion nach Österreich gebracht, kommt aber zu aller Überraschung nicht allein, sondern mit der Regimegegnerin Eugenia und einem Baby. Johanna Moder erzählt in „Waren einmal Revoluzzer“, was die nicht ganz so geplante Gastfreundschaft mit Helene und Jakob und mit dem befreundeten Paar Volker und Tina macht. Man hätte das vielleicht auch deutlicher als Komödie erzählen können. Johanna Moder aber macht daraus ein Stressdrama mit unterschiedlich glaubwürdigen Figuren: Aenne Schwarz in der Rolle der Tina ist eine kleine Entdeckung, Julia Jentsch spielt überzeugend die Hauptrolle. Bert Rebhandl

Ö 2019; 102 Min.; R: Johanna Moder; D: Julia Jentsch, Manuel Rubey, Aenne Schwarz; Kinostart: 9.9.


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