• Kino & Stream
  • Filme
  • Die Filmstarts der Woche: Von „The Last Duel“ bis „Es ist nur eine Phase, Hase“

Neu im Kino

Die Filmstarts der Woche: Von „The Last Duel“ bis „Es ist nur eine Phase, Hase“

Ridley Scott, der Regisseur von „Alien“, „Blade Runner“ und „Gladiator“, erfindet sich immer wieder neu. In „The Last Duel“ erzählt er vom Ende des Mittelalters. Matt Damon und Adam Driver lassen das Rittertum untergehen. Ein echter Höhepunkt des Kinojahrs. Dazu kommt diese Woche die Bestsellerverfilmung „Es ist nur eine Phase, Hase“ von Florian Gallenberger, die schöne französische Beziehungskomödie „Chambre 212 – Eine magische Nacht“, und der Kinderfilm „Schule der magischen Tiere“ nach der sehr erfolgreichen Buchreihe. Diese Titel und spannende weitere in der tipBerlin-Übersicht über die Filmstarts der Woche


The Last Duel

„The Last Duel“ von Ridley Scott. Bild: Disney

MITTELALTER Das letzte staatlich sanktionierte Duell in Frankreich ist Ausgangspunkt von Ridley Scotts Historienfilm „The Last Duel“, der in atemberaubender Ausstattung und Starbesetzung die Welt des Mittelalters evoziert. Vor allem aber eine Welt zeigt, in der Frauen Objekte waren, Spielball der Männer, und Vergewaltigungen nicht als Verbrechen an einer Frau betrachtet wurden, sondern als Ehrverletzung ihres Ehemanns. Michael Meyns

USA 2021; 152 Min.; R: Ridley Scott; D: Matt Damon, Ben Affleck, Adam Driver, Jodie Comer; Kinostart: 14.10

Und hier haben wir eine ausführliche Besprechung von „The Last Duel“.

Noch mehr Ridley Scott: Die Kritik zu „Gladiator 2“ lest ihr hier.


Es ist nur eine Phase, Hase

„Es ist nur eine Phase, Hase“ von Florian Gallenberger. Bild: Majestic

BEZIEHUNGSKOMÖDIE In modernen Familien trifft die Pubertät der Kinder nicht selten auf die Midlife-Krise der Eltern. So ist das auch bei Emilia und Paul Stamm. Die älteste Tochter wird bald Abi machen, der Jüngste weiß noch nicht so richtig, was Sex ist. Beim Papa sind die Bestseller in seiner Autorenlaufbahn schon ein Weilchen her, die Mami ist Schauspielerin, hat aber vor allem Jobs als Synchronsprecherin. Es besteht also ein bisschen Abstand zum Optimum, aber was soll man vom Leben schon erwarten, wenn man um die 50 ist, wenn die Östrogene im Sterben liegen, wie die Tochter schnippisch der Mutter erklärt, und wenn die Love-Parade-Latex-Kostüme schon lange im Schrank vor sich hin gammeln?

Die Komödie „Es ist nur eine Phase, Hase“ von Florian Gallenberger – nach dem sehr erfolgreichen Buch von Maxim Leo und Jochen Gutsch – erzählt davon, wie die Stamms versuchen, mit Hilfe einer Beziehungspause Klarheit für ihre Zukunft zu schaffen. Emilia trifft einen jungen Lover, Paul lebt von Dosenravioli, wird depressiv, wird aber auch von einer jungen Lehrerin angelacht. Alles verläuft exakt nach Schema, wird aber im Detail durchaus liebevoll erzählt, und lebt vor allem von den beiden Stars. Christiane Paul hat dabei allerdings nicht ganz so viele Möglichkeiten, sich zu entfalten, wie Christoph Maria Herbst, der virtuos verkniffen durch alle Peinlichkeiten tanzt, und irgendwann in den großen Satz ausbricht: „Hat euch Udo Jürgens allen ins Hirn geschissen?“ Älterwerden ist kein Triumphzug, dieser Film taugt ganz gut als Trost. Bert Rebhandl

D 2020; 102 Min.; R: Florian Gallenberger; D: Christiane Paul, Christoph Maria Herbst, Jürgen Vogel; Kinostart: 14.10.

Zum Film haben wir ein tipBerlin-Interview mit Christiane Paul geführt


Zimmer 212 – In einer magischen Nacht

„Chambre 212 – In einer magischen Nacht“ von Christophe Honoré. Bild: Olymp Film

BEZIEHUNGSKOMÖDIE Zwanzig Jahre sind Maria und Richard schon zusammen. Sie haben eine schöne Wohnung mit vielen Büchern, und vermutlich verstehen sie sich auch gut, darauf deuten jedenfalls die ersten Szenen alltäglicher Vertrautheit hin, die der Film „Zimmer 212 – In einer magischen Nacht“ von ihnen zeigt. Richard hat gekocht, er ahnt nicht, dass Maria gerade noch Sex hatte mit einem jungen Mann namens Asdrubal Electorat. Dann liest er aber, eher zufällig als ihr nachspionierend, ein paar Nachrichten auf ihrem Handy. Und damit ist eine Ehekrise da, die Regisseur und Drehbuchautor Christoph Honoré in den Mittelpunkt seines Films stellt. Maria verlässt die Wohnung, sie geht allerdings nicht weit, eigentlich nur über die Straße. Sie nimmt sich ein Zimmer in einem Hotel gegenüber, von dem aus sie sogar zu Richard in die gemeinsame Wohnung schauen kann. An der Straße, die sie überquert, liegt wohl nicht zufällig ein Kino mit sieben Sälen, und eine Bar mit dem Namen Rosebud – so lautete in dem Filmklassiker „Citizen Kane“ die Chiffre für die Geheimnisse der Kindheit.

Es trifft sich gut, dass „Zimmer 212“ in Deutschland in derselben Woche ins Kino kommt, in der auch „Es ist nur eine Phase, Hase“ anläuft. In beiden Fällen geht es um ein Paar in mittleren Jahren und um den Versuch, mit einer Beziehungspause aus schlechten Routinen auszubrechen. Wer Lust auf einen kulturellen Vergleich hat, wird viel Aufschlussreiches finden. Christophe Honoré ist in Frankreich für geistreiche Geschichten bekannt, man könnte ihn als einen Intellektuellen der Liebe bezeichnen. Und tatsächlich liegt hier der größte Unterschied zu vielen deutschen Beziehungskomödien: In Frankreich ist es nicht zuletzt das Kino, das eine Kultur der Erotik inspiriert und lebendig erhält, die mehr ist als nur das Klischee von Paris als einer „Stadt der Liebe“.

Maria (eine große Rolle für Chiara Mastroianni) ist eine zwiespältige Figur, lebenshungrig, sexuell unersättlich, mit scharfem Geist und natürlich vollkommen emanzipiert. Für Kinder hatte sie nie Zeit, oder keine Lust darauf. Richard (mit schön knarziger Stimme gespielt von dem  Musiker Benjamin Biolay) ist dagegen der Familienmensch, der loyale Typ, der die Wäsche macht, dabei aber kein Waschlappen ist. Honoré konfrontiert seine beiden Hauptfiguren in einer magischen Nacht mit sich selbst in jungen Jahren, mit verflossenen Geliebten und möglichen anderen Lebenswegen. Die Liebe trifft im „Zimmer 212“ auf sich selbst in ihrer Vielfalt. Bert Rebhandl

Chambre 212 (OT); F 2019; 90 Min.; R: Christophe Honoré; D: Chiara Mastroianni, Benjamin Biolay, Carole Bouquet; Kinostart: 14.10.


Auf alles, was uns glücklich macht

„Auf alles, was uns glücklich macht“ von Gabriel Muccino. Bild: Studiocanal

FAMILIENGESCHICHTE Ein sich über rund 40 Jahre hinziehendes Epos über Freundschaft, Vertrauen, Zukunftsängste und Familienbande. Mitte der 1960er-Jahre geboren, geraten die Kumpels Giulio und Paolo Anfang der 80er in eine Demonstration und sehen, wie Riccardo angeschossen wird. Er überlebt und wird von seinen neuen Freunden gerne „sopravissù“, der „Überlebende“, genannt. Fortan sind die drei Männer unzertrennlich. Dann verliebt sich Paolo unsterblich in die blonde Gemma. Schließlich ist es Giulio, der einen Keil zwischen beide treibt: Er beginnt ein Verhältnis mit ihr. Und beruflich? Da läuft es nur bei Giulio gut: Er wird zum Staranwalt, der für die Karriere etliche Ideale aufgibt. Und während Paolo als Lehrer auf eine Festanstellung hofft, scheitert Riccardo als Autor. Seine Frau Anna verlässt ihn und nimmt den Sohn Arturo mit.

Das Schöne an der Geschichte von Regisseur Gabriele Muccino („Das Streben nach Glück“) und Koautor Paolo Costella: Sie erzählen in „Gli anni più belli“ (so der Originaltitel, zu deutsch: „Die besten Jahre“) von Italienern aus einfachen Verhältnissen, kommen dramaturgisch ohne große Schicksalsschläge oder wundersame Begebenheiten aus. Allmählich wachsen einem die drei Mannsbilder ans Herz, mit all ihren Macken, Selbstverleugnungen und Verletzungen. Mit der recht stringenten Inszenierung gönnt sich Muccino hin und wieder den Gimmick, dass einer der Protagonisten direkt in die Kamera spricht und somit die „vierte Wand“ aufhebt. Und ganz nebenbei erzählt der Film viel über die Entwicklungen in Italien der vergangenen Jahrzehnte. Dort war der Film ein Renner. Martin Schwarz

Gli anni più belli (OT); I 2019; 129 Min.; R: Gabriele Muccino; D: Pierfrancesco Favino, Micaela Ramazzotti , Claudio Santamaria, Kim Rossi Stuart; Kinostart: 14.10.


Die Schule der magischen Tiere

„Die Schule der magischen Tiere“ von Gregor Schnitzler. Bild: Leonine

KINDERFILM Fast jedes Kind in Deutschland kennt die mittlerweile zwölfteilige Buchreihe „Die Schule der magischen Tiere“, mehr als sieben Millionen Exemplare wurden allein bei uns verkauft, die Serie ist in 25 Ländern erschienen. Ein deutscher Harry Potter mit jungen Menschen, die es mit Magie zu tun bekommen? Nun, der Ansatz der bayerischen Autorin Margit Auer – ihr Mann Richard schreibt Krimis – ist doch deutlich kindgerechter. Denn was wünscht sich jeder Nachwuchs? Dass das Lieblingsplüschtier zum Leben erwacht.

Und genau diesen Gefallen tun die neue Lehrerin Miss Cornfield (Nadja Uhl) und ihr Bruder Mortimer Morrison (Milan Peschel) der neuen Schulklasse von Ida (Emilia Maier). Mortimer besitzt nämlich eine magische Zoohandlung, und zwei der Schüler werden ein magisches Tier erhalten. Die neugierige Ida bekommt den Fuchs Rabbat, der sich gerne verkriechende Einzelgänger Benni (Leonard Conrads) die Schildkröte Henrietta. Und die beiden sprechenden Tier haben nicht nur ihren ganz eigenen Kopf, sondern halten auch fortan Ida und Benni auf Trab. Und gemeinsam gilt es herauszufinden, wer hinter den Diebstählen an der Schule steckt.

Als unbedarfter Erwachsener tut man sich zu Beginn nicht leicht, in dieses ganz eigene Universum einzutauchen, dann akzeptiert man den Umstand, dass es sich eher um eine Klasse der magischen Tiere handelt, andere Schüler spielen keine Rolle. Dass die nichtmagischen Erwachsenen eher Karikaturen ihrer selbst sind, das gilt es ebenso zu schlucken wie den Umstand, dass immer wieder Protagonisten eingängige Popsongs singen. So ist diese recht flotte Bestsellerverfilmung ganz und gar auf das junge Zielpublikum zugeschnitten. Und das wird die computeranimierten Rabbat, Henrietta und die Elster Pinkie lieben. Teil 2 ist schon in der Mache. Martin Schwarz

D/A 2021; 93 Min.; R: Gregor Schnitzler; D: Emilia Maier, Leonard Conrads, Loris Sichrovsky, Nadja Uhl, Milan Peschel; Kinostart: 14.10.


Supernova

„Supernova“ von Harry Macqueen. Bild: Weltkino

DRAMA In seinem alten Wohnmobil gondeln Sam und Tusker, ein in die Jahre gekommenes schwules Paar, durch den Lake District Englands, in Richtung Sams Elternhaus, in dem jetzt seine Schwester mit Familie wohnt. Schon bald wird klar, dass mit Tusker etwas nicht stimmt – Demenz. „Supernova“ hätte ganz leicht edelkitschig werden können, wird es aber nicht. Großes Schauspielerkino (Colin Firth und Stanley Tucci) vor großartiger Kulisse, heitere Melancholie im Angesicht des Unerträglichen. Gerald Jung

GB 2020; 95 Min.; R: Harry Macqueen; D: Stanley Tucci, Colin Firth, James Dreyfus; Kinostart: 14.10


Fly

„Fly“ von Katja von Garnier. Bild: Studiocanal

TANZFILM Die Formierung einer Tanzgruppe aus jungen Strafgefangenen als Resozialisierungsmaßname kann schließlich auch eine störrisch-verschlossene Zwanzigjährige überzeugen. Wie die Gruppe trotz Rückschlägen zusammenfindet, schildert der Film auf bewährte Weise, sein eigentliches Plus sind die dynamisch inszenierten Tanzsequenzen, in denen die Darsteller ihr ganzes Talent zum Ausdruck bringen können. Frank Arnold

D 2021; 110 Min.; R: Katja von Garnier; D: Svenja Jung, Ben Wichert, Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz; Kinostart: 14.10.


Boss Baby – Schluss mit Kindergarten

„Boss Baby – Schluss mit Kindergarten“ von Tom McGrath. Bild: Universal

ANIMATION Eigentlich war der erste „Boss Baby“-Film (2017) recht lustig: Ausgehend von der Idee, dass ein neugeborenes Kind in einer Familie stets die erste Geige spielt, präsentierte das Werk von „Madagascar“-Regisseur Tom McGrath das Baby Ted mit Businessanzug und Aktenköfferchen ganz CEO-mäßig als den großen Boss. Tim, der siebenjährige Erstgeborene, wurde eiskalt aus seinen Kinderträumen gerissen – ihm blieb nur das Nachsehen. Dabei offenbarte sich ein manchmal ganz schön fieser Humor, der durchaus auch auf Erwachsene abzielte. Natürlich – und das ist der familienkompatible Aspekt aller großen amerikanischen Animationsproduktionen – mussten sich die beiden schließlich zusammenraufen, um einen schurkischen Plan zu verhindern.

Letzteres ist nun auch die Blaupause für das ebenfalls von Tom McGrath inszenierte Sequel: Zwar sind Tim und Ted mittlerweile erwachsen geworden, doch Tims kleine Tochter tritt in die Fußstapfen ihres Onkels, und der Film findet auch eine Möglichkeit, die beiden ungleichen Brüder für eine Weile in ihr kindliches Selbst zurück zu verwandeln. 

Nur die lustige Grundidee ist nicht mehr vorhanden, beziehungsweise so verwässert, dass die ganze Geschichte nun bloß noch extrem albern und vollkommen planlos wirkt. Ohne stringenten Plot hangelt sich der Film hektisch von Szene zu Szene – die meisten von ihnen hat man schon wieder vergessen, noch ehe der Film überhaupt zu Ende ist. Was bleibt, ist nur das Kalkül, mit einem niveaulosen Reißbrettfilm noch einmal absahnen zu wollen.  Lars Penning

The Boss Baby: Family Business (OT); USA 2021; 107 Min.; R: Tom McGrath; Stimmen OF: Alec Baldwin, James Marsden, Amy Sedaris; Kinostart: 14.10.


Endlich Tacheles

„Endlich Tacheles“ von Jana Matthes und Andrea Schramm. Bild: Realfiction

DOKU Yaar ist ein junger Jude in Berlin. Er arbeitet an einem Computerspiel, das eine Geschichte aus dem Holocaust erzählen soll. Mit seiner Freundin und einem Kumpel fährt er nach Krakau, um vor Ort herauszufinden, inwiefern ihn die Traumata seines Vaters und seiner Großmutter selbst betreffen. Der Film von Jana Matthes und Andrea Schramm lebt von der erstaunlichen Offenherzigkeit der Beteiligten und stellt ein interessantes Beispiel für die Erfahrungen mit „postmemory“ dar, also für Erinnerungen, die sich über die Generationen fortpflanzen. Bert Rebhandl

D 2020; 104 Min.; R: Jana Matthes und Andrea Schramm; Kinostart: 14.10.


Mehr zum Thema

Die Filmstarts der Vorwoche mit „Titane“ und „Hinterland“ haben wir hier; dazu ein Interview mit der Regisseurin Julia Ducournau zu „Titane“; über die Netflix-Serie „The Billion Dollar Code“ haben wir uns auch eine Meinung gebildet;

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin