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Die Filmstarts der Woche: Von „Black Adam“ bis „Ach du Scheiße!“

Diese Woche bringt das amerikanische Comic-Imperium DC einen neuen Helden ins Kino: „Black Adam“ soll jetzt endlich Marvel richtig Konkurrenz machen. Aus Deutschland kommt eine Komödie, die ganz auf Nummer sicher geht: „Der Nachname“ von Sönke Wortmann. Und „Ach du Scheiße!“, eine kleine Genreperle, gedreht auf engstem Raum. Diese und weitere Titel im tipBerlin-Überblick über die Filmstarts der Woche vom 20. Oktober 2022.

Black Adam

„Black Adam“ von Jaume Collet-Serra. Foto: Warner

ACTION Die interessantesten Aspekte moderner Superheldenfilme sind oft die ideologischen Implikationen, gerade wenn es um Figuren geht, die nicht weiß sind. „Black Adam“ geht hier sogar noch weiter und lässt seine im Ansatz durch und durch generische, bis ins Detail vorhersehbare Geschichte in einem fiktiven Land namens Kahndaq spielen, das unzweideutig dem Irak nachgeahmt ist. Seit 27 Jahren – so heißt es – ist das Land besetzt und hat die Besatzer und ihre neoimperialistische Politik, die drauf und dran ist, die Kultur des tausende Jahre alten Volkes zu zerstören, langsam leid. Was es zur Befreiung jedoch braucht, ist ein Held, und der scheint in Gestalt des unzerstörbar wirkenden Black Adam aufzutreten, gespielt vom Ex-Wrestler Dwayne „The Rock“ Johnson.

Sind die Amerikaner die „Bösen“? „Black Adam“ mischt die Welt auf

Die Ideologie des vom Spanier Jaume Collet-Serra inszenierten Films wirkt bei genauerem Hinsehen wacklig: Die „Guten“ sind zwar Araber, die „Bösen“ jedoch nur bedingt die Amerikaner, denn der Antagonist der Geschichte ist ein gesichtsloses Unternehmen namens Intergang, das in Kahndaq nach einem wertvollen Mineral gräbt. Neben diesen bösen Weißen, die deutlich auf die amerikanischen Besatzung im Nahen Osten verweisen, gibt es allerdings die uramerikanische Justice Society, deren Mitglieder sehr zeitgemäß eine bunte Mischung sind – und am Ende entscheidend dazu beitragen, das Land zu befreien. Trotz aller Repräsentation und Bemühen um Diversität fällt auch „Black Adam“ letztlich in bekannte Muster zurück. Ganz sich selbst überlassen mag man selbst im Superheldenkino eine arabische Kultur also nicht sich selbst. Michael Meyns

USA 2022; 124 Min.; R: Jaume Collet-Serra; D: Dwayne Johnson, Sarah Shahi, Pierce Brosnan; Kinostart: 20.10.

Der Nachname

„Der Nachname“ von Sönke Wortmann. Foto: Constantin

KOMÖDIE Ein Familientreffen auf Lanzarote wird zu einem Drama, das gern eine Komödie wäre. Sönke Wortmann macht mit einem Starensemble deutsches Wohlstandskino, als gäbe es da draußen keine Welt. Bert Rebhandl

D 2022; 94 Min.; R: Sönke Wortmann; D: Iris Berben, Florian David Fitz, Christoph Maria Herbst; Kinostart: 20.10.

November

„November“ von Cédric Jimenez. Foto: Studiocanal

DRAMA Mit der Ruhe ist es jäh vorbei, als in dem nur spärlich besetzten Büro plötzlich alle Telefone gleichzeitig klingeln. Die französische Antiterrorabteilung SDAT steht vor ihrer größten Herausforderung. Man schreibt den 13. November 2015, den Abend, als parallele Terroranschläge im Bataclan und an anderen Orten die französische Metropole Paris erschütterten.

„November“ beschreibt die Arbeit der Ermittler in ihrem Wettlauf gegen die Zeit, die überlebenden zwei Täter aus dem Bataclan zu fassen und zu verhindern, dass bereits angekündigte weitere Anschläge stattfinden. Diesen Druck übersetzt der Film in eine bewegliche Kamera, nah dran an den Figuren – die ruhigsten Momente sind hier die Verhörszenen.

Nicht immer streng legal: Französische Behörden in „November“

Drei Protagonisten schälen sich heraus, an unterschiedlichen Stellen der Hierarchie stehend, Héloise, Fred und Ines. Obwohl mit Sandrine Kiberlain, Jean Dujardin und Anais Demoustier prominent besetzt, bleiben diese Figuren weitgehend funktional, erheischen allerdings unsere Aufmerksamkeit, wenn sie einmal aus der Rolle fallen dürfen: wie etwa Fred, der bei einem Verhör den Verdächtigen körperlich attackiert, oder Ines, die eigenmächtig und ohne Rückendeckung einem Verdächtigen zum Treffen mit einem anderen Verdächtigen folgt. Natürlich ist der Film ein Loblied auf die Effizienz der Arbeit der Ermittler, auch im Einverständnis, gelegentlich außerhalb der Legalität zu operieren.

„November“ bietet aber durchaus Raum für Zwischentöne, etwa wenn der Umgang mit einer Zeugin, die einen terrorverdächtigen Verwandten meldet, am Ende zu einer Gesetzesänderung führt, die solche mutigen Menschen schützt.  Frank Arnold

F 2022; 100 Min.; R: Cédric Jimenez; D: Jean Dujardin, Anais Demoustier, Sandrine Kiberlain, Jérémie Renier; Kinostart: 20.10.

Anima – Die Kleider meines Vaters

„Anima – Die Kleider meines Vaters“ von Uli Decker. Foto: Farbfilm

DOKU Uli Decker erfuhr am Sterbebett ihres Vaters von dessen Lebensgeheimnis: Seit seiner eigenen Kindheit hatte Helmut Decker sich immer wieder Frauenkleider angezogen, das Transvestieren war für ihn Leidenschaft und Veranlagung, anfangs auch Sünde. Er gründete eine Familie, hatte zwei Töchter, wurde Lehrer und führte ein perfekt normales Leben.

Und zwischendurch ging er immer mal wieder an einem Ort, an dem er sich sicher fühlte, als Frau an die Öffentlichkeit, um sich als ein Anderer zu zeigen. Als ein Mann mit Anima, als eine Frau, als ein Mensch zwischen den Geschlechtern. Uli Decker erzählt die Geschichte ihres Vaters in einer doppelten Bewegung, denn zugleich ist es ja auch ihre eigene: Sie musste die unbegriffene Ambivalenz in der Familie mit sich selbst ausmachen, sie musste ihre eigene Identität finden, als ein Mädchen, das kein Mädchen sein wollte.

Mit dem Dokumentarfilm „Anima – Die Kleider meines Vaters“ lässt sie die beiden Bewegungen an ein tröstliches Ende kommen. Ihr Vater starb früh durch einen entsetzlichen Unfall. Für die Tochter und ihre Schwester und auch für die Mutter, die alle jeweils unterschiedlich mit dem Geheimnis von Helmut konfrontiert waren, aber zeigt sich, dass man sich in einer Atmosphäre von „Zartheit und Verletzlichkeit“ mit den Herausforderungen der Selbstfindung umgehen kann. „Anima“ erzählt von einem Doppelleben auf eine Weise, dass dieses als eine Bereicherung und nicht als eine Beschränkung begriffen werden kann. Ein wichtiges Stück bundesrepublikanischer Aufklärung steckt in dem Film auch.

Uli Decker erfuhr am Sterbebett ihres Vaters vom seinem Doppelleben als Transvestit. Mit ihrem zugleich intimen und allgemein relevanten Dokumentarfilm „Anima“ rekonstruiert sie das Geheimnis und nähert sich zugleich ihrer eigenen Identität. Bert Rebhandl

D 2022; 94 Min.; R: Uli Decker; Kinostart: 20.10.

Mutter Mutter Kind – Let’s Do It Differently

„Mutter Mutter Kind – Let’s Do This Differently“ von Annette Ernst. Foto: jip

DOKU Mutter Mutter Kind(er) – das ist das Familienmodell von Pedi, Anny und ihren zunächst zwei, dann drei Söhnen, das Regisseurin Annette Ernst über einen Zeitraum von zwölf Jahren mit der Kamera begleitet. Auch Bruder Karsten und seine Lebensgefährtin Tina gehören zur Kernfamilie, denn eine männliche Identifikationsfigur ist dem lesbischen Elternpaar wichtig. Sie halten auch Kontakt zu Eike, dem Erzeuger ihrer drei Söhne, und es ist ausgerechnet dieser, der die Familie auf unerwartete Weise noch einmal erweitert.

Primär über Interviews und mit kurzen Einblicken in den Alltag der Protagonist:innen erzählt Annette Ernst eine Familiengeschichte abseits der Heteronorm, lässt Pedi und Anny von ihrer Beziehung, ihrem Kinderwunsch und dem Weg zu drei Schwangerschaften berichten. Bei der Geburt des dritten Kinds ist die Kamera bereits dabei. Den Blick auf die singuläre queere Familie kontextualisiert Ernst mit Archivmaterial, das die Geschichte der Homosexualität in Europa und der Welt oder die Situation gleichgeschlechtlicher Paare in Deutschland beleuchtet. Politiker:innen kommen zu Wort, und in fiktiven Sequenzen erzeugt der Dialog einer besorgten Mutter mit einem Familientherapeuten eine Meta-Ebene.

Bei all dem überwiegen auf merkwürdige Weise die kritischen Stimmen. Statt die homophobe Gesellschaft als Lebenskontext der porträtierten Familie zu problematisieren, erhalten sexistische und vor allem homofeindliche Positionen hier eine derart große Bühne, dass sie die Dekonstruktion heteronormativer Familienideale und die Botschaft der Akzeptanz der vorgestellten Alternative zu unterminieren drohen. Sophie Rieger

D 2021; 97 Min.; R: Annette Ernst; Kinostart: 20.10.

Ach du Scheiße!

„Ach du Scheiße!“ von Lukas Rinser. Foto: Neopol

KOMÖDIE Filme in beengtem Raum sind rar, Filme, gegen die Kammerspiele wie Epen wirken: An Joel Schumachers „Nicht Auflegen!“ mag man denken, der in einer Telefonzelle spielt, an diverse Filme, deren Handlungen in einem Sarg stattfinden, oder an Steven Knights „Locke“, in dem Tom Hardy im Auto sitzt, fährt – und telefoniert. Denn verbindendes Element all dieser Filme ist ein Telefon, das den Protagonisten mit dem Außen verbindet, meist einem Erpresser, der langsam enthüllt, was er vom festsitzenden Opfer erwartet.

Dieses Element findet sich auch in Lukas Rinkers „Ach du Scheiße!“, der mit dem Aufwachen seiner Hauptfigur beginnt, dem Architekten Frank (Thomas Niehaus). Ein Metallstab im Arm verhindert größere Bewegung, ans Handy gelangt Frank bald, nach und nach kehrt seine Erinnerung zurück. In mehrfacher Hinsicht in der Scheiße steckt er, eingesperrt in einem ausgelaufenen Dixi-Klo, das sich mitten in einer Baustelle befindet – in der bald eine Sprengung stattfinden soll.

Wie er ins Dixi-Klo gekommen ist, was der lokale Baudezernent (Gedeon Burkhard) damit zu tun hat und vor allem, wie er sich aus seiner misslichen Lage zu befreien versucht, schildert der Regiedebütant Lukas Rinker auf erstaunlich unterhaltsame und pointierte Weise. Mit geringsten Mitteln entstand „Ach du Scheiße!“, der tatsächlich nur an einem Ort gedreht wurde, diese Reduktion aber mit bemerkenswertem Witz und viel Originalität ausgleicht. Eine kleine deutsche Genreperle ist Rinker damit gelungen, die am Ende überraschender und pointierter ist als viele aufwendigere, teuer produzierte Filme. Michael Meyns

D 2022; 90 Min., R: Lukas Rinker, D: Thomas Niehaus, Gedeon Burkhard; Kinostart: 20.10.

Girl Gang

„Girl Gang“ von Susanne Regina Meures. Foto: Rise and Shine

DOKU Teen-Influencerin Leonie Balys versammelt unter dem Namen „Leoobalys“ mehrere Millionen Follower. Ihre Fotos und Clips entstehen im heimischen Kinderzimmer, Mutter Sani und Vater Andreas aus Ostberlin haben längst das Management der erfolgreichen Tochter übernommen. Regisseurin Susanne Regina Meures dringt in den oftmals beklemmenden Maschinenraum der jungen Content-Schafferin ein, dokumentiert eine Achterbahnfahrt im Modus Dauer-Looping. Carolin Weidner

Schweiz 2022; 98 Min.; R: Susanne Regina Meures; Kinostart: 20.10.

Die Legende vom Tigernest

„Die Legende vom Tigernest“ von Brando Quilici. Foto: DCM

KINDERFILM Balmani trägt unter seiner Lockenpracht eine chronisch mürrische Miene zur Schau. Er hat seine Familie bei einem Erdbeben in Kathmandu verloren, nun fristet der Knabe ein isoliertes Dasein als Einzelgänger in einem privat geführten nepalesischen Waisenhaus. Als Balmani von Heimweh getrieben aus der Anstalt flieht, wird er Zeuge, wie Wilddiebe ein Bengal-Tigerweibchen erschießen und ihr Baby für den Verkauf in einen Käfig sperren. Balmani befreit den Welpen. Auf ihrer abenteuerlichen Reise „on the road“ nach Kathmandu werden die beiden Flüchtlinge Freunde – verbissen verfolgt von Sam Chai, dem sinisteren chinesischen Anführer der Wilderer. Ihr Endziel ist ein entlegenes buddhistisches Kloster im Himalayamassiv, Tigernest genannt. Im Hochgebirge kommt es zum Showdown zwischen Balmani, dem Jungtier und dem Schurken Sam Chai.

Die Hauptrolle des Balmani spielt dabei der 2010 in Mumbai geborene Sunny Pawar, Adoptivkind von Nicole Kidman, der 2016 im Drama „Lion: Der lange Weg“ auf der Kinoleinwand debütierte.

Anhand der spannenden Geschichte zweier Waisen weist der italienische Regisseur, Autor und Produzent Brando Quilici, der sich vor allem als Dokumentarfilmer einen Namen gemacht hat, auf den dringend notwendigen Schutz gefährdeter Tierarten hin. 1930 gab es noch circa 40.000 Bengal- oder Königstiger, heute wird die Anzahl der freilebenden Tiere auf 4.500 geschätzt.

Auch Erwachsenen hat dieser sehenswerte folkloristische Kinderfilm mit Honigjägern, indigenen Nomaden und grandiosen Landschaftspanoramen einiges zu bieten. Ralph Umard

I 2022; 94 Min.; R: Brando Quilici; Kinostart: 20.10.

Die Mucklas und wie sie zu Petterson und Findus kamen

„Die Mucklas … und wie sie zu Petterson und Findus kamen“ von Ali Samadi Ahadi und Markus Dietrich. Foto: Wild Bunch

KINDERFILM Wer die hinreißenden Kinderbücher von Sven Nordqvist um Herrn Petterson und seinen Kater Findus kennt, der kennt auch die Mucklas, kleine Wesen mit einer Vorliebe für das Chaos, die im Hintergrund der Bilder herumwuseln. Was anderen Erfolgsserien recht und billig ist, gilt auch hier. Auf Zeichentrickfilme um Pettersson und Findus folgen drei, die Schauspieler mit animierten Figuren verbanden, nun kommt ein in derselben Technik gestalteter Film in die Kinos, der die Mucklas ins Zentrum rückt und erzählt, wie sie auf den Bauernhof von Herrn Pettersson kamen – ein Spin-Off, eine Vorgeschichte, nicht unähnlich jener um die Minions und ihren Meister Gru.

Die kleinen Wesen begeben sich hier auf eine große Mission, nachdem ihr bisheriges Heim bedroht ist. Der  Kramladen von Herrn Hansson bekommt nämlich einen neuen Besitzer, der das genaue Gegenteil des alten ist: Karl ist Kammerjäger von Beruf und ein Ordnungsfanatiker (von Uwe Ochsenknecht mit  Spaß an der Übertreibung verkörpert). Also beschließen die Mucklas, eine neue Heimat zu suchen. Dafür werden die drei Jungmucklas, Svunja, Tjorben und Smartö ausgesandt. Svunja, ein selbstbewusstes Mädchen, muss sich dabei immer wieder gegen die von Tjorben gepflegten männlichen Vorurteile durchsetzen. Ihre Reise durch die Unterwelt führt sie zwar zu einigen phantastischen Orten, glänzt dabei aber nicht unbedingt durch Originalität. Das Hauptproblem des Films sind allerdings die Mucklas selber, deren Animation wenig Charme ausstrahlt, zudem die Sprache der Jungmucklas allzu anbiedernd mit Jugendslang angereichert ist. Frank Arnold

D/LUX 2022; 81 Min.; R: Ali Samadi Ahadi, Markus Dietrich, D: Uwe Ochsenknecht, Christine Urspruch, André Jung, Stefan Kurt, Marianne Sägebrecht; Kinostart: 20.10.

Was dein Herz dir sagt

„Was dein Herz dir sagt“ von Albert Dupontel. Foto: Happy Entertainment

KOMÖDIE Eine todkranke Friseurin, ein selbstmordgefährdeter IT-Spezialist und ein blinder Archivar begeben sich auf die Suche nach dem zur Adoption freigegebenen Sohn der Friseurin. Wilde Mischung aus Satire, Slapstick und etwas sentimentaler Sozial-Komödie, in der eine Bürokratie, die sich für nichts zuständig fühlt, die Menschen von allem ausschließt. Lars Penning

F 2021; 87 Min.; R: Albert Dupontel; D: Virginie Efira, Albert Dupontel, Nicolas Marié; Kinostart: 20.10.

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