Mit „Furiosa: A Mad Max Saga“ knüpft Regisseur George Miller an sein „Fury Road“-Meisterwerk an – und erzählt die Kindheitsgeschichte seiner Heldin, gespielt von Anya Taylor-Joy. tipBerlin-Filmkritiker Bert Rebhandl hat diesen Höhepunkt des Blockbuster-Kinos gesehen.
„Furiosa: A Mad Max Saga“: Hardcore-Feudalismus in einem neuen Mittelalter
Das wichtigste Dogma des fossilen Zeitalters lautet: Hinten muss etwas herauskommen. Wenn es aus dem Auspuff nicht stinkt, ist es etwas faul. Deswegen finden viele Menschen ja Elektroautos ein bisschen umheimlich. Denn da fehlt irgendwie die Analogie zum menschlichen Verdauungstrakt. Nur mit einem Verbrenner ist gut furzen.
Die „Mad Max“-Filme zeigen, was in der menschlichen Geschichte hinten herauskommt, wenn möglichst lange alles verheizt wird, das der Planet so hergibt: eine ausgebrannte Zivilisation auf dem Entwicklungsstand vor jeder Aufklärung. Ein neues Mittelalter, in dem die letzten Reste Benzin wie Göttertropfen gehortet werden. Ein Hardcore-Feudalismus, in dem nur ein paar wenige etwas zu sagen haben. Alle anderen sind Mechaniker.
1979 ging der postapokalyptische Einzelgänger Max Rockatansky zum ersten Mal auf große Fahrt, es folgten zwei Fortsetzungen, dann eine längere Pause, bis der Regisseur George Miller 2015 mit „Mad Max: Fury Road“ dem Stoff ein sensationelles Comeback bescherte: Toxische Männlichkeit traf auf emanzipierte Benzinbräute. Im Vergleich zu den ersten drei Filmen waren die Vehikel auf der Fury Road noch einmal ein gutes Stück wilder aufgetakelt – und der Rest war reine Bewegung, mit irren Stunts, aber auch einer großen Ruhe im Inneren der Action. Ein Meisterwerk, zu dem Miller nun noch einmal etwas hinzufügt, nämlich die Kindheitsgeschichte seiner Heldin.
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„Furiosa: A Mad Max Saga“ beginnt in einem postapokalyptischen Paradies. In einem engen Canyon inmitten der endlosen Wüsten der überhitzten Welt leben ein paar Menschen im Überfluss (in einer „world of abundance“, in der vor allem das Wasser noch aus Quellen fließt). Auf gar keinen Fall darf diese Kultur entdeckt werden.
Aber da stehen die schweren Motorräder auch schon vor der Tür. Und damit beginnt eine atemberaubende Jagd, auf der die zehn Jahre alte Furiosa in Gefangenschaft gerät. Sie gehört nun zu den Leibeigenen, die dem Kult von Immortan Joe verpflichtet sind. Sie ist Teil einer archaischen Kultur. Die Skizze für den Weg zurück ins Paradies trägt sie als Zeichnung auf dem Unterarm.
Wasser gegen Benzin
George Miller nimmt sich Zeit, die Bedingungen seines Endzeitmythos sorgfältig auszubuchstabieren. Mehr denn je macht er deutlich, dass „Mad Max“ das Epos unserer Gegenwart ist – alles, was an Katastrophen bevorsteht, ist eigentlich schon da. Und wie in „Avatar“ gibt es auch bei ihm eine Gruppe von Indigenen, die Widerstand leisten könnten. Miller verzichtet allerdings auf jegliche esoterische Aufladung: Er setzt einfach Wasser gegen Benzin, Klarheit gegen Dreck, menschliche Gemeinschaft gegen barbarische Kulte. Furiosa wächst heran, sie macht sich anonym, gibt sich als Junge, lernt die Regeln des falschen Lebens. Und sie sondiert die Chancen, sich daraus zu befreien.
Miller erzählt das alles in einer Reihe von großartig choreographierten, fotografieren und geschnittenen Actionsequenzen. Wie schon „Fury Road“ ist auch „Furiosa: A Mad Max Saga“ ein einsamer Höhepunkt des Blockbusterkinos. Und Anya Taylor-Joy wird mit dieser Rolle endgültig zur Superheldin.
- Furiosa: A Mad Max Saga Australien 2024, R: George Miller; D: Anya Taylor-Joy, Chris Hemsworth, Tom Burke, Alyla Browne, Kinostart: 23.5.
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