Nach seinem Comeback in der Western-Fernsehserie „Yellowstone“ hat sich Kevin Costner Großes vorgenommen: In ganzen vier Teilen will er den Western „Horizon“ auf die Leinwand bringen. tipBerlin-Kritiker Michael Meyns ist skeptisch, ob das Publikum so lange bei der Stange bleiben wird.
Mit „Horizon“ erfüllt sich Kevin Costner einen Traum
Drogendealern wird geraten, nicht vom eigenen Stoff zu naschen, Filmregisseuren, dass sie tunlichst nicht ihr eigenes Geld in Filme stecken sollen. Doch was, wenn die Filmstudios kaum noch Filme für ein älteres Publikum produzieren, lieber auf scheinbar Sicheres setzen, Superheldenfilme, Fortsetzungen, aber das Originelle, im besten Fall auch Gewagte scheuen?
In dieser Situation befinden sich in den letzten Jahren viele ältere Regisseure in Amerika. Manche verkaufen sich mit Haut und Haaren an Netflix oder einen anderen Streamer, andere setzen sich zur Ruhe, und dann gibt es die, die obige Regel ignorieren. Zu ihnen zählt Francis Ford Coppola, der Teile seines Weingutes verkaufte, um sein langgehegtes Traumprojekt „Megalopolis“ zu realisieren. Und Kevin Costner, der sich ebenfalls einen Traum erfüllte, dafür ein teures Grundstück in Malibu verkaufte und „Horizon“ drehte. Einen Western. Drei Stunden lang. Zudem nicht ein kompletter, in sich geschlossener Film, sondern der erste von geplanten vier Teilen. Ein ambitioniertes Projekt, ganz ohne Frage, und allein für den Mut, es anzugehen und dafür viel eigenes Geld aufs Spiel zu setzen, muss man Costner Respekt zollen. Ob es allerdings gut angelegtes Geld war, ist eine andere Frage.
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Dass Costner überhaupt die Möglichkeit bekam, sich an eine Idee zu wagen, deren Ursprünge bis in die 80er-Jahre zurückreichen, also noch vor sein mit sieben Oscars ausgezeichnetes Regiedebüt „Der mit dem Wolf tanzt“, liegt am Fernsehen. Dort feierte Costner in der Serie „Yellowstone“ ein bemerkenswertes Comeback, nachdem es in den Jahren zuvor ruhig um den inzwischen 69-Jährigen geworden war. Vielleicht war es also dieser Einfluss, der Costner dazu verleitete, einen Film zu drehen, der zwar von epischer Länge ist, dabei aber erzählt wie eine Fernsehserie.
Costner lässt sich drei Stunden Zeit, um das umfangreiche Figurenpersonal einzuführen
In den frühen 1860-Jahren beginnt „Horizon“, an der Grenze der heutigen Staaten Arizona und Kalifornien, wo ein windiger Geschäftsmann Siedlern Land verkauft hat. Horizon soll die Ortschaft heißen, Pioniere bauen erste Häuser, Konflikte mit den amerikanischen Ureinwohnern bleiben nicht aus, die Armee bemüht sich, die Situation zu befrieden, während Opportunisten blutige Jagd nach Skalps machen. Costner selbst spielt den Pferdehändler Hayes Ellison, eine klassische Western-Figur, schweigsam, aber ehrenvoll, der einer Prostituierten das Leben rettet, mehr aus Pflichtgefühl, denn eigentlich möchte Hayes nur seine Ruhe haben.
Auch er wird irgendwann nach Horizon kommen, davon darf man am Ende des Films ausgehen, auch wenn nach drei Stunden kaum mehr passiert ist, als das umfangreiche Figurenpersonal einzuführen. Selbst für eine Fernsehserie wäre das arg bedächtig erzählt, für einen Kinofilm ist es fast tödlich. Zwar gelingen Costner immer wieder starke Einzelszenen, zu einem großen, epischen Film formen diese sich aber nicht. Mag sein, dass sich die breit angelegte Saga, die allen Seiten gerecht werden will, den Siedlern und den Indigenen, in den weiteren Teilen einen stärkeren Fokus findet, aber ob das Publikum bis dahin bei der Stange bleibt? Zumindest beim Start in den amerikanischen Kinos entwickelte sich „Horizon 1“ zu einem Flop, der den dortigen Verleih sogar dazu brachte, den Start von Teil 2 auf unbestimmte Zeit zu verschieben. In Deutschland soll die Fortsetzung im November ins Kino kommen.
- Horizon: An American Saga – Chapter 1 USA 2024; 180 Min.; R: Kevin Costner; D: Kevin Costner, Sienna Miller, Sam Worthington; Kinostart: 22.8.
Er hat auch einen Western gemacht: So ist „The Dead Don’t Hurt“ von und mit Viggo Mortensen. Space-Cowboys und Schleimattacken statt Sheriff und Büffeljagd: Das Franchise geht mit „Alien: Romulus“ weiter. Der Film „Was will der Lama mit dem Gewehr?“ aus Bhutan macht mit dem eher unbekannten Land vertraut: Unser Kritiker hat mit Regisseur Pawo Choyning Dorji gesprochen. Einst Jugend-Star aus „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, heute etablierte Regisseurin: So ist die neue Sommerkomödie „Zwei zu eins“ von Natja Brunckhorst. Der Kult-Schocker der Berlinale: Wir finden, „Love Lies Bleeding“ ist der Noir-Thriller des Jahres. Am liebsten draußen: Hier ist das Programm der Berliner Freiluftkinos. Was läuft sonst gerade? Hier ist das aktuelle Kinoprogramm für Berlin. Mehr aus der Filmwelt lest ihr in unserer Kino-Rubrik.