Filmkritik

„In den Uffizien“: Blick hinter die Kulissen des berühmten Museums

Die Regisseurin Corinna Belz kennt man vor allem durch ihren schönen Film „Gerhard Richter Painting“ (2011): ein Porträt des ebenso weltberühmten wie notorisch öffentlichkeitsscheuen Künstlers, dem sie darin ausführlich bei der Arbeit an großformatigen abstrakten Gemälden über die Schulter guckte. Und dabei großes Geschick bewies, seinem Wesen und seiner Einstellung zur Kunst nahe zu kommen. Jetzt hat sie gemeinsam mit Ko-Regisseur Enrique Sánchez Lansch („Rhythm Is it“, „A Symphony of Noise“) einen Besuch in den Uffizien unternommen, in diesem weltbekannten Museum in Florenz mit seiner einmaligen, auf die Medici zurückgehenden Sammlung von Renaissance-Kunst, wo selbst in den Büros noch ein „Letztes Abendmahl“ über den Köpfen der Mitarbeiter:innen hängt. 

„In den Uffizien“ von Corinna Belz & Enrique Sánchez Lansch. Bild: Piffl

„In den Uffizien“: Mit dem Schwamm über den Bauch der „Venus von Urbino“

„In den Uffizien“ ist ein Blick vor und hinter die Kulissen: auf die mit Besuchern gefüllten Ausstellungssäle mit ihren berühmten Gemälden, ebenso wie auf die Arbeit einer Restauratorin an einem durch eine Autobombe zerstörten Bild. Und wenn Tizians „Venus von Urbino“ neu gehängt wird, wischt ihr zuvor auch noch einmal jemand vorsichtig mit dem Schwamm über den nackten Bauch. Der deutsche Museumsdirektor Eike Schmidt sitzt derweil mit seinen Mitarbeiter:innen in einem Meeting zur Gestaltung der Visitenkarten, oder er diskutiert mit dem britischen Künstler Antony Gormley die neue Präsentation eines Leonardos.

Und er hebt auch schon mal die weggeworfenen Eintrittskarten von gestern auf, wenn die amerikanischen Geldgeber der „Friends of the Uffizi Gallery“ auf Besichtigungstour kommen. Dass man ihnen dabei auch einen bislang unrenovierten Saal zeigt, ist kein Hintergedanke, sondern ganz offensichtlich: Es könnte sich ja, wie Schmidt seinen Gästen sagt, jemand in das Zimmer verlieben. Und das Portemonnaie zücken.

„In den Uffizien“ von Corinna Belz & Enrique Sánchez Lansch. Bild: Piffl

Schlendern durch die Sammlungen eines weltberühmten Museums: „In den Uffizien“

Seine Arbeit vergleicht Schmidt mit einem Simultanschachspiel auf 40 Brettern, bei dem man nicht jede Partie gewinnen könne. Man müsse dann eben nur die Lässigkeit besitzen, das auch zugeben zu können. Anders als etwa in den Filmen von Frederick Wiseman, in denen der Blick hinter die Kulissen dazu dient, die Funktionsweise von Institutionen zu erklären, ist „In den Uffizien“ allerdings eher ein Streifzug, ein Schlendern durch die Sammlungen.

Wenn etwa Schulklassen eine Führung gegeben wird, ist dies ein Anlass für die Kamera – mal detailliert genau, mal auch nur im Vorübergehen – auf die Gemälde von Botticelli, Leonardo und Tizian zu blicken, sowie auf die Besucher, die angesichts der großen Kunst entweder ehrfürchtig staunen oder sich in einen Smartphone-Knipsrausch hineinsteigern. Der Pförtner kann die fotografierwütigen Tagestouristen allerdings nicht verstehen: Vier bis fünf Tage müsse man sich für einen Besuch der Uffizien schon Zeit nehmen, meint er. Er jedenfalls entdecke jeden Tag in den Räumen der Galerie etwas Neues. 

Bei alledem findet die Kamera immer wieder Zeit für den verbindenden Ausblick durch die Fenster: hinaus auf eine Stadt, die diese Sammlungen ermöglicht hat. Dieser Blick hinaus spiegelt sich auch in der komplizierten Aufstellung einer modernen Skulptur von Antony Gormley, einer leicht überlebensgroßen Figur, die schließlich genau das macht, was die Besucher:innen, von denen sie wie selbstverständlich umringt wird, auch tun: aus dem Fenster auf das Panorama der atemberaubende Renaissance-Stadt schauen..

Die Idee des Blicks nimmt auch der Bibliothekar, Herrscher über Tausende von Büchern und ein riesiges Fotoarchiv, noch einmal auf. Er glaubt allerdings, dass die Gemälde auch auf uns zurückblicken: Sie seien weise wie Philosophen, ist er überzeugt, bei allem, was sie im Lauf von Jahrhunderten gesehen haben.

D 2021; 96 Min.; R: Corinna Belz, Enrique Sánchez Lansch; Kinostart: 25.11.


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