Filmkritik

„Jean Seberg“ von Benedict Andrews: Tragik einer Schauspielerin

Biografie Jean Seberg steht in ihrer Rolle als Jeanne d’Arc in der Shaw-Verfilmung „Saint Joan“ (1956) auf dem Scheiterhaufen. Und beinahe wäre ihr erster Film auch ihr letzter gewesen: Nur knapp entgeht sie aufgrund eines technischen Defekts der leibhaftigen Verbrennung. Doch in „Jean Seberg“ von Benedict Andrews ist die verbrannte Heilige/Schauspielerin vor allem ein Symbol für Sebergs Leben.

Das nimmt Ende der 1960er Jahre eine tragische Wendung, als ihre Unterstützung der revolutionären Black Panther Party sie zur Zielscheibe des FBI (damals noch unter J. Edgar Hoover) werden lässt. Überwachung und Verleumdungen zerren an ihren Nerven, eine Fehlgeburt, Verfolgungswahn und Depressionen sind die Folgen.

"Jean Seberg" von Benedict Andrews
„Jean Seberg“ von Benedict Andrews. Foto: Prokino

Sebergs (überzeugend: Kristen Stewart) Leben verschränkt der Film mit der Geschichte eines frisch vom FBI angeheuerten Abhörspezialisten (Jack O’Connell), dem die skrupellosen Aktionen seines Arbeitgebers zusehends Bauchschmerzen bereiten: Er wird der eine Mensch sein, dessen Leben durch Sebergs Engagement tatsächlich eine Wendung nimmt.

Ein repressiver Staatsapparat in „Jean Seberg“ von Benedict Andrews

Denn das solide Biopic erklärt zwar nicht unbedingt die damaligen gesellschaftspolitischen Umschwünge in den USA, zeigt aber recht sinnfällig, wie der – im Grunde recht unbedarfte – Einsatz einer Schauspielerin für Bürgerrechte auf illegale und jenseits aller Proportionen liegende Maßnahmen eines repressiven Staatsapparates trifft.

Für Seberg nahm die Geschichte kein gutes Ende: Klinikaufenthalte, Alkohol, Selbstmordversuche lassen auf ein Leben voller Verzweiflung bis zu ihrem verfrühten und ungeklärten Tod im Jahr 1979 schließen.

Seberg (OT); GB/USA 2019; 102 Min.; R: Benedict Andrews; D: Kristen Stewart, Yvan Attal, Jack O’Connell, Anthony Mackie; Kinostart: 17. 9. 2020


Die Woche neu im Kino: Die Filmstarts vom 17. September im tip-Überblick; weiterhin im Kino: die Kinostarts vom 10. September; die Kinostarts vom 3. September. Besonders schön: „Über die Unendlichkeit“ von Roy Andersson.

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