Marc-Uwe und das Känguru legen sich in „Die Känguru-Verschwörung“ mit Leugnern der Klimakrise an. Ein Gespräch mit Marc-Uwe Kling über Komödien, politische Botschaften und die Fallen, die man sich beim Regiedebüt selbst stellen kann.
Marc-Uwe Kling: Im Drehbuch für „Die Känguru-Verschwörung“ selbst Fallen gebaut
tipBerlin Vielen Dank für die Einladung, haben Sie denn gar keine Schnapspralinen mitgebracht?
Marc-Uwe Kling Nee, ich persönlich mag ja auch keine, und alles, was wir an Vorrat haben, behält das Känguru für sich.
tipBerlin Beim ersten Film, den „Känguru-Chroniken“, hat das Känguru die Interviews gegeben, diesmal Sie, warum?
Marc-Uwe Kling Genau, wir haben letztes Mal und dieses Mal Schnick, Schnack, Schnuck gespielt, und so wurde es entschieden…
tipBerlin Und dass Sie hier sitzen bedeutet, dass Sie gewonnen oder verloren haben?
Marc-Uwe Kling Das lasse ich offen. Jetzt sitze ich hier.
tipBerlin Eine weitere Sache, die beim ersten Känguru-Film anders war, 2020 führte Dani Levy Regie. Hatte er diesmal keine Zeit oder warum haben Sie den Job übernommen?
Marc-Uwe Kling Ich wollte es ausprobieren und springe sowieso gerne in unbekannte Gewässer, und Regie hat mich schon immer gereizt. Vermutlich hätte ich mir aber ein einfacheres Debüt aussuchen können, dachte ich im Nachhinein. So was wie: Zwei Leute sitzen in einem Raum und sprechen.
tipBerlin Klingt schwer, diese Szene über 90 Minuten spannend zu halten. Was war an den Dreharbeiten die Herausforderung?
Marc-Uwe Kling Das war aufwändig, ich habe gelernt, wenn ich ein Buch schreibe, kann ich schreiben was ich will, und das passt. Wenn ich ein Drehbuch schreibe und das noch selbst umsetzen muss, dann kann ich mir ganz schöne Fallen bauen. Und das habe ich getan. Wir hatten mehr Drehorte als Drehtage, die ätzendsten Drehorte überhaupt, Flughafen, Bahn, Tagebau. Die Bürokratie, Genehmigungen, im Prozess dachte ich immer wieder, du Trottel, das hätte doch genauso gut in der Küche spielen können. Stimmt natürlich nicht, aber es wäre einfacher.
tipBerlin Die „Känguru-Verschwörung“ ist keine Umsetzung von existierenden Büchern, sondern eine ganz neue Geschichte. Hatten Sie keine Lust auf das alte Material?
Marc-Uwe Kling Noch einmal dieselbe Sache wie im ersten Film zu erzählen, wäre langweilig, deswegen haben wir in eine andere Richtung gedacht. Auch wenn es kleinere Episoden aus den Büchern gibt, ist der grundsätzliche Rahmen neu. Die alten Geschichten sind kurz und eignen sich deswegen besser für ein serielles Erzählen, der 90-Minuten-Bogen eines Spielfilms braucht eine andere Dramaturgie.
Marc-Uwe Kling: Das Thema Klimawandel kann man gar nicht oft genug erwähnen
tipBerlin Der Film hat eine klare Botschaft. Der Klimawandel existiert, und Verschwörungstheorien sind schlecht. Meinen Sie, die Känguru-Fans wussten das noch nicht?
Marc-Uwe Kling Doch, aber gerade ein Thema wie die Klimakrise kann man nicht oft genug erwähnen. Man kann gar nicht oft genug damit nerven, weil das immer noch so ist, dass das, was aktuell an Klimaschutzmaßnahmen läuft, dem Versuch gleicht, einen Waldbrand zu löschen, indem man dagegen pinkelt. Deshalb muss man immer wieder sagen: Leute, da kommt etwas auf uns zu, das ist größer als alles andere, was je geschehen ist. Und was machen wir? Wir machen zu wenig, wir machen zu wenig, wir machen zu wenig!
tipBerlin Ist das Ihr Beitrag zur Debatte und der Film ein Politikum?
Marc-Uwe Kling Auf eine gewisse Weise schon. Zuvorderst ist er eine Komödie, aber eine mit einer politischen Botschaft. Das Thema ist zentral und war Ausgangspunkt und Ziel des Films, ich wollte das Känguru und die Klimakrise zusammenbringen. Die Verschwörungstheorien sind ein Umweg, über den das gelungen ist, denn die Klimakrise ist natürlich ein schweres und unlustiges Thema. 90 Minuten lang zu zeigen, wie das Känguru Bäume pflanzt, wäre kein spannender Film. So brauchte es diesen Katalysator, dass jemand aus dem Umfeld der beiden die Klimakrise leugnet und dieses große Thema so auf ein persönliches Niveau herunterbricht, auf dem sich die Figuren damit auseinandersetzen können.
tipBerlin Absurder Klamauk trifft ein ernstes Thema. Haben Sie nicht befürchtet, dass dieser dialektische Spagat nicht aufgeht?
Marc-Uwe Kling Dazu gibt es ein gutes Zitat von George Bernard Shaw: „Ich dachte, ich sei schlau, weil ich die bittere Medizin in einen Bonbon gesteckt habe, aber die Leute haben das Bonbon weggelutscht und die Medizin ausgespuckt.“ Man weiß es nicht, deshalb gibt es keine Antwort drauf. Ich hoffe, dass für viele dieser Spagat funktioniert, aber natürlich wird es Leute geben, die sagen, wir wollen nur den lustigen Teil, und anderen ist es zu albern. Am Ende ist die Messlatte doch sowieso die Frage, würde mir der Film gefallen, wenn ich Publikum bin. Mir gefällt er schon mal, und ich hoffe, dass er auch anderen gefällt.
Das Känguru wird kaum „Energie und Willen in eine Weltverschwörung zu stecken“
tipBerlin Ist das ein Film für die Fridays-for-Future-Generation?
Marc-Uwe Kling Ich hoffe, dass das der Zeitgeist ist. Nur ist der Klimawandel eine Slow-Motion-Katastrophe, die stetig vor sich hin rollt, und will man sich gerade um sie kümmern, drängelt sich eine andere Katastrophe vor und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Corona, Putin, alle drängeln sich vor.
tipBerlin In dem Film geht es um Verschwörungstheorien, die die Klimakrise leugnen, zugleich taucht aber die Theorie der Känguru-Verschwörung auf. Glauben Sie, dass vielleicht doch die Kängurus hinter der ganzen Sache stecken?
Marc-Uwe Kling Ich bin persönlich schon recht lange mit einem Känguru bekannt und kann nur sagen, dass ich es ihm nicht zutraue, dass es die Energie und den Willen in eine Weltverschwörung steckt. Ich wüsste nicht, wann das zwischen World-of-Warcraft spielen, Bud-Spencer-Filme gucken und Schnapspralinen futtern noch Platz hätte.
- Marc-Uwe Kling wurde 1982 in Stuttgart geboren, seit 2003 tätig als Kabarettist, Kleinkünstler, Liedermacher und Schriftsteller. Sein größter Erfolg ist das „Känguru“, ursprünglich im Podcast „Neues vom Känguru“ wöchentlich beim Berliner Radiosender Fritz zu hören. Mittlerweile gibt es Känguru-Geschichten auch als Bücher, Hörbücher, Comics und in zwei Kinospielfilmen. „Die Känguru-Verschwörung” ist Marc-Uwe Klings Regiedebüt
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