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Filmkritik

„Milla Meets Moses“ von Shannon Murphy: Krebs ist nicht das letzte Wort

Teenagerdrama Die offensichtlich selbst geschnittene Fransenfrisur, Amateur-Tattoos, auch im Gesicht, funkelnde Augen – dieser junge Herumtreiber ist dafür geschaffen, die Fassade jeder Bürgerlichkeit einzureißen. Dazu dieses Mädchen: Ihr Schulkostüm, das spürt man, ist zugleich eine Kostümierung. „Milla Meets Moses“ von Shannon Murphy: Moses (Toby Wallace) begegnet der einige Jahre jüngeren Milla (Eliza Scanlen) zum ersten Mal auf einem Bahnsteig – und damit prallen auch zwei Welten aufeinander: Hier der Straßenjunge, der gelernt hat, sich durchzuboxen. Dort das wohlbehütete, 15-jährige Mädchen mit Geigenunterricht und trautem Heim.

"Milla Meets Moses" von Shannon Murphy
„Milla Meets Moses“ von Shannon Murphy. Foto: X-Verleih

Doch so traut ist das Heim in einer australischen Stadt gar nicht. Millas Vater Henry (Ben Mendelsohn) ist ein lustloser Psychiater, der seine Frau Anna (Essie Davis), eine gescheiterte Pianistin, mit Drogen versorgt und die hochschwangere neue Nachbarin interessant findet.

Moses nistet sich gegen den Widerstand der Eltern in Millas Leben ein, weckt neue Lebensgeister in ihr. Denn Milla hat Krebs, wegen der Chemotherapie trägt sie oft eine Perücke. Doch diese Glatze darunter, die passt zum Look von Moses. Milla: ein Mädchen kurz vorm Erwachsenwerden, dass sogar noch einen Milchzahn hat (der Film heißt im Original „Babyteeth“) Doch diese Zeit zum Erwachsenwerden, die wird Milla vielleicht nicht mehr haben.

Bittersüße Lust am Leben: „Milla Meets Moses“ von Shannon Murphy

Fast beiläufig streift die Handkamera den ganzen Film über durch die sonnige Szenerie, streichelt förmlich die Protagonisten, fängt Momente hoher Intensität ein. Regisseurin Shannon Murphy hat mit ihrem Langfilmdebüt einen bittersüßen Coming-of-Age-Film geschaffen, der tief in die verwirrten Figuren eintaucht, der von Liebe, Abhängigkeiten und Vertrauen erzählt – und von der Lust am Leben.

Murphy kann dabei auf eine erstklassige Besetzung vertrauen, besonders auf die junge Eliza Scanlen als Milla. Eine Streicherversion von „Golden Brown“ der Stranglers im Soundtrack fängt die vorherrschende Stimmung gut ein – irgendwo zwischen Melancholie und Punk.

Babyteeth (OT); AUS 2020; 118 Min.; R: Shannon Murphy; D: Eliza Scanlen, Toby Wallace, Essie Davis, Ben Mendelsohn; Kinostart: 8. 10. 2020


Außerdem diese Woche neu im Kino: die Filmstarts vom 8. Oktober; weiterhin im Kino: die Filmstarts vom 1. Oktober; die Filmstarts vom 24. September und die Filmstarts vom 17. Oktober. Auch im Kino: „Enfant Terrible“ über Fassbinder. Mit Hauptdarsteller Oliver Masucci sprachen wir über den Regisseur, Hitler und „Dark“.

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