Eines der erfolgreichsten Märchen aus dem Disney-Reich bekommt eine weitere Fortsetzung: „Mufasa: Der König der Löwen“ erzählt Abenteuer aus Kindheit und Jugend des späteren Herrschers der Savanne. tipBerlin-Kritiker Bert Rebhandl findet, Regisseur Barry Jenkins liefert mit diesem Tier-Fake-Blockbuster ganz nach Plan ab.
In „Mufasa“ sind die Landschaften Afrikas ins Idyllische hochgerechnet
Löwen sind Katzen. So steht es im Lexikon, wo zu jedem Tier zuerst die allgemeinste Bestimmung genannt wird. Erst danach kommt eine weitere Information: Löwen sind, neben den Tigern, die größten Katzen. Und sie leben, anders als das pusslige Ding, das bei vielen Menschen auf der Couch existiert, als Raubtiere. Sie fressen, was ihnen in die Quere kommt, und zwar nicht das Grünzeug. Sie fressen Lebewesen, sie brauchen Fleisch, sie reißen Tiere. Antilopen, Gazellen oder Warzenschweine könnten davon ein Lied singen, oder Filme drehen. Aber Tiere haben keine Kultur, und schon gar keine Filmförderung. Das hat alles nur der Mensch, das größte aller Raubtiere.
In dem Märchenzyklus vom „König der Löwen“, den Disney seit 1994 bewirtschaftet, leben die Löwen in einer Art Garten Eden. Die Landschaften Afrikas sind ins Idyllische hochgerechnet, alle Arten fügen sich prächtig ins Bild. Fast schon unvorstellbar, dass es Menschen gibt, bei denen die berühmte Sendung „Paradiese der Tiere“ seinerzeit noch auf einem Schwarzweißfernseher lief. Die Löwen sind in „König der Löwen“ die Krone der Schöpfung. Das geht nur, weil es in dieser Welt keine Menschen gibt. Die Tiere sind die Menschen. So ist das oft gewesen im Zeichentrickfilm und später im Animationskino. Der Löwe mit seiner Mähne ist die ideale Besetzung als König. Jede Gesellschaft braucht ein Oberhaupt. Der König der Löwen hat neben der Mähne einen eigenen Felsen, von dem aus er so laut faucht, dass der ganze Kontinent zittert.
2019 brachte Disney den „König der Löwen“ in einer neuen Form in die Kinos: nun als Tier aus dem Computer, lebensecht, aber aus dem Rechenzentrum. Kein Deep-Fake, aber ein Tier-Fake. Nun gibt es dazu eine Fortsetzung: „Mufasa: Der König der Löwen“ erzählt, wie das heutzutage die große Mode ist, eine Vorgeschichte (ein Prequel). Denn auch ein stolzer Löwe, der jetzt auf dem Höhepunkt seiner Autorität steht, war einmal jung und musste Abenteuer bestehen. Von diesen Abenteuern erzählt Rafiki in Beisein des Erdmännchens Timon und des Warzenschweines Pumbaa der kleinen Löwin Kiara. Rafiki ist ein Mandrill, also ein Affe, der aber oft für einen Pavian gehalten wird, also für ein Tier mit einem eher schlechten Image. Mufasa wird von seiner Familie getrennt, findet Aufnahme bei einer Familie, mit deren Löwensohn Taka er Freundschaft schließt. Als schließlich eine Horde von gefährlichen „Außenseiter“-Löwen auftaucht, macht Mufasa sich mit Taka und der Löwin Sarabi (und einem lustigen Vogel namens Zazu) auf den Weg in ein gelobtes Land jenseits des Horizonts. Eine Teenager-Geschichte in einem seidigen Fell.
Als Regisseur für „Mufasa: König der Löwen“ wurde Barry Jenkins gewonnen, bekannt geworden mit dem sensiblen Drama „Moonlight“. Nun versucht er sich an einem Blockbuster, und liefert auch alles nach Plan ab – ein wenig Action, ein wenig Romantik, herrliche Landschaft. Über die Widersprüche des Drehbuchs geht Jenkins elegant hinweg. Oder vielleicht sind es gar keine Widersprüche? Jedenfalls gibt es die Löwen in zwei Typen, die einen sind so etwas wie majestätische Haustiere, die anderen (die weißen „Außenseiter“) ruinieren den Planeten. Wie es sich für ein Märchen gehört, setzen sich die Guten durch. Bleibt als offene Frage: Was essen die guten Löwen in Mylenbe? Für die Antwort bräuchte man jetzt einen Rafiki. Und der würde sicher ins Sagenhafte ausweichen.
- Mufasa: Der König der Löwen USA 120 Min.; R: Barry Jenkins; Kinostart: 19.12.
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