Corona und Kultur

Corona-Krise: Freiluftkinos in Berlin wollen wieder öffnen und hoffen auf Senat

Die Freiluftkinos in Berlin kämpfen um ihre Existenz, wie die meisten anderen Kultureinrichtungen wegen der Corona-Krise und des Shutdowns des öffentlichen Lebens auch. Dabei könnten in vielen Freifluftkinos die Corona-Regeln eingehalten werden. Die Betreiber der Freiluftkinos im Volkspark Friedrichshain, in Kreuzberg und im Park Rehberge fordern nun vom Senat, dass er genau hinschaut und die Corona-Verordnung in ihrem Fall überdenkt. Denn sie wollen wieder öffnen. Unbedingt.

Corona: Freiluftkinos wollen wieder öffnen: Tische und Stühle in großem Abstand zueinander und nur jede dritte Reihe besetzt: So könnte Freiluftkino in der Corona-Krise aussehen.
Tische und Stühle in großem Abstand zueinander und nur jede dritte Reihe besetzt: So könnte Freiluftkino in der Corona-Krise aussehen. Foto: Balzereit

Arne Höhne, einer der beiden Betreiber des Freiluftkinos Friedrichshain, steht zwischen ausgedünnten Bänken und Tischen auf dem Gelände des Freiluftkinos. Er deutet nach vorne zur Leinwand, nach hinten zum Toilettenhäuschen, zu den Decken auf der Liegewiese. Sein Blick ist eindringlich und seine Stimme hoffnungsvoll. „Wir bekommen ganz viele Zuschriften von Freiluftkino-Fans, die fragen, warum wir nicht öffnen. Die meinen: Ihr könntet doch locker aufmachen“, sagt Höhne. „Und wir sagen: Ja, könnten wir wirklich.“

Arne Höhne und Louis Schneider hoffen, dass der Senat genau hinschaut. Höhne und Schneider betreiben neben dem Open-Air-Kino im Volkspark Friedrichshain auch die Freiluftkinos im Volkspark Rehberge und in Kreuzberg. Sie wollen, dass der Senat in der Berliner Corona-Verordnung zwischen Freiluftkinos und jenen, die Filme in geschlossenen Räumen zeigen, unterscheidet. Wenn sie die Berliner Regierung von ihrem Konzept überzeugen können, könnten die Berliner*innen bald wieder abends im Freien Filme schauen.

Dürfen zusammen sitzen, weil sie auch zusammen leben: Louis Schneider (li.) und Arne Höhne.
Dürfen zusammen sitzen, weil sie auch zusammen leben: Louis Schneider (li.) und Arne Höhne. Foto: Balzereit

Der Senat müsste für Freiluftkinos die Corona-Verordnung ändern

Dafür allerdings müsste der Senat die aktuelle Corona-Verordnung ändern. Derzeit gibt es seitens der Berliner Regierung keine konkreten Angaben dazu, wann Kinos wieder öffnen könnten, bis nach Pfingsten allerdings sollen sie geschlossen bleiben — mindestens. „Im Fall von unseren Freiluftkinos ist das aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt“ sagt Höhne. „Wir können garantieren, dass sich bei uns niemand zu nah kommt, das ist der Luxus, den wir an unseren Standorten haben.“

Für die Freiluftkinos geht es auch, wie bei vielen anderen Kultureinrichtungen oder Restaurants, ums Überleben. „Wenn wir nicht bald wieder öffnen können, sind wir pleite“, sagt Höhne. Zwar haben die Freiluftkinos mit dem ersten Berliner Hilfspaket auch Hilfe erhalten, doch das reicht nicht. Die Kosten laufen weiter und etwa 60 Mitarbeiter*innen sind auf ihren Lohn angewiesen. Außerdem haben Höhne und Schneider seit Januar die Saison geplant: Arbeit, die umsonst war, wenn Freiluftkinos nicht bald wieder öffnen dürfen.

Am Donnerstag haben Höhne und Schneider im Freiluftkino Friedrichshain ihr Konzept vorgestellt und erklärt, wie sie an einem Kino-Abend dafür sorgen wollen, dass die Gäste die Corona-Regeln einhalten. Die wohl wichtigste Maßnahme ihres Konzepts: Statt wie in den letzten Jahren 1.700 Menschen wollen sie im Freiluftkino Friedrichshain pro Abend jetzt nur noch 524 Leuten Einlass gewähren. In Kreuzberg dürfen 350 Menschen statt 600 hinein, im Freiluftkino Rehberge sind es 350 statt 2.000.

Corona: Freiluftkinos wollen wieder öffnen: Freie Platzwahl gäbe es im Corona-Betrieb nicht.
Freie Platzwahl gäbe es im Corona-Betrieb nicht. Foto: Balzereit

Weiße Linien und Corona-Regeln für die Gäste

Außerdem haben die beiden Betreiber der Freiluftkinos folgende Vorbereitungen getroffen:

  • Tickets kann man nur online kaufen
  • Jede*r bekommt einen festen Platz
  • Tickets können nur im Doppelpack gekauft werden, auch zusammen sitzen darf man nur zu zweit
  • Nur jede dritte Reihe wird besetzt, auf den Boden haben Mitarbeiter*innen weiße Linien gemalt, entlang derer die Menschen zu ihren Plätzen gelangen
  • Aus den Reihen vor den besetzten Plätzen haben Höhne und Schneider Bänke entfernt, damit niemand sich zwischen Bank und Zuschauer*innen hindurch quetschen muss, um zu den zugewiesenen Sitzplätzen zu gelangen. Wenn jemand auf die Toilette muss, kommt er anderen Menschen zu keinem Zeitpunkt näher als 1,5 Meter. Im Sitzen ist der Abstand noch größer
  • Wer auf Toilette oder zum Getränkeverkauf geht, muss einen Mund-Nasen-Schutz überziehen
  • Um auf Toilette zu gehen, muss keiner der Gäste Türklinken berühren
  • Desinfektionmittel für die Hände nach dem Toilettengang ist bestellt
  • An der Getränkeausgabe werden die Gäste an zwei statt sechs Verkaufsfenstern bedient. Im Häuschen halten sich zu jeder Zeit höchstens vier statt acht Mitarbeiter*innen auf

Falls die Freiluftkinos wieder öffnen dürfen, würden Höhne und Schneider mehr als 60 Personen beschäftigen. Denn sie brauchen Mitarbeiter*innen, die Sitzkissen auf die Plätze kleben, auf denen man sitzen darf, und welche, die im Vorfeld der Vorführungen Decken auf dem Rasen ausbreiten. Auch die Platzwahl auf der Wiese ist im Gegensatz zu corona-freien Zeiten genau geregelt. Auf die Preise für einen Kinoabend wirken sich die Veränderungen aber nur marginal aus: Statt 7,50 Euro pro Platz zahlen Gäste nun 8,50 Euro pro Platz. Der Preis des Sozialtickets bleibt bei fünf Euro.

Schneider: Die Kino-Community kann Rücksichtnahme

Dass ihre Gäste sich nicht an die Regeln halten könnten, darum machen Höhne und Schneider keine Sorgen. Schneider sagt: „Wir haben ein Publikum, das Rücksicht gewohnt ist. Unsere Gäste bringen ja sonst auch nach dem Film gerne Flaschen und Sitzkissen zurück. Abstand halten sollte also kein Problem sein.“ Außerdem, glaubt Schneider, könnte die Freude darüber, endlich mal wieder abends etwas unternehmen zu können, so groß sein, dass die Menschen ein paar Regeln mit Freude akzeptieren – egal ob sie passionierte Cineast*innen sind oder normalerweise nicht so oft ins Kino gehen.

Wenn der Senat die Corona-Verordnung in Bezug auf Freiluftkinos ändern würde, könnten Schneider und Höhne innerhalb eines Tages Filme bestellen und loslegen. In Bayern hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Aussicht gestellt, dass Freiluftkinos bald wieder öffnen könnten. „Wir hoffen, dass das einen Effekt auf den Senat hat“, sagt Schneider. „Aber selbst wenn Berlin das erste Bundesland wäre, das diesen Schritt geht: Die Stadt will doch auch, dass Kultur weiter möglich ist. Hiermit könnten die politisch Verantwortlichen sich brüsten.“


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