Der riesige Erfolg von Charlotte Roches Buch „Feuchtgebiete“ ist eines der vielen Rätsel des kulturellen Lebens: Ging es dabei eher um sexuelle Befreiung („Fifty Shades of Ekel“) oder um ein Update von Backfisch-Idealen? David Wnendt betont in seiner Verfilmung eindeutig den zweiten Aspekt, auch wenn die Sache mit dem Ekel nicht ganz zu kurz kommt – zu Beginn tapst Helen Memel durch eine öffentliche Toilette, wie man sie wahrscheinlich nicht einmal mehr auf dem einsamsten Planeten finden würde. Helen hat Hämorrhoiden, sie zieht sich bei der Intimrasur eine Analfissur zu, muss ins Krankenhaus, träumt dort von diversen (Wieder-)Vereinigungen und inszeniert olfaktorische Zumutungen.
Zu einer Geschichte fügt sich das nur insofern, als die vielen besudelten Laken letztendlich alle von der heimlichen Leitfarbe erzählen: klinisches Weiß. Carla Juri ist eine gute Wahl für die Hauptrolle, aber schon in den Nebenrollen überwiegen die Karikaturen. Es gibt in „Feuchtgebiete“ keine einzige plausible Figur außer Helen, und damit hängt der Film doch sehr in der dünnen Luft der Schnodderprosa aus dem Buch fest.
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Text: Bert Rebhandl
Foto: Majestic / Peter Hartwig
tip-Bewertung: Annehmbar
Orte und Zeiten: „Feuchtgebiete“ im Kino in Berlin
„Feuchtgebiete“: Deutschland 2013; Regie: David Wnendt; Darsteller: Carla Juri (Helen), Christoph Letkowski (Robin), Meret Becker (Mutter); 109 Minuten; FSK 16;
Kinostart: 22. August