Julia hieß früher einmal Jaroslav. Er wuchs in Litauen auf, im Fernsehen lief eine brasilianische Seifenoper, die ihm eine starke Identifikation bot: er wollte sein wie die Sklavin Isaura. Heute lebt Julia in Berlin, eine Frau in einem Männerkörper, eine transsexuelle Prostituierte, die einst im Bus nach Berlin kam, stockbesoffen, und hier von einem Zuhälter in Empfang genommen wurde. J. Jackie Baiers Langzeitbeobachtung über „Julia“ hat viele Facetten, von trotzigen Momenten der Leichtigkeit bis zu schonungslosen Beschreibungen der Umstände auf dem Straßenstrich, auf dem brutale Zuhälter den Überlebenskampf diktieren. Als eine „pompöse Lady“ wird Julia einmal bezeichnet, doch J. Jackie Baer entdeckt auch eine feinsinnige, reflektierte und bei aller „Polytoxicomanie“ (ein Fachausdruck für vielfältigen Drogengebrauch) immer wieder sehr klare Persönlichkeit mit komplexer Identität.
Text: Bert Rebhandl
Foto: J. Jackie Baier 2006
Orte und Zeiten: „Julia“ im Kino in Berlin
Julia, Deutschland/Litauen 2013; Regie: J. Jackie Baier; 89 Minuten
Kinostart: Do, 08. Janaur 2015